Schauspielerin Birgit Minichmayr: Die mit dem Silbernen Bären tanzt
Birgit Minichmayrs Spezialität ist es, die Falschheit ihrer Umgebung sichtbar zu machen. Dafür wird sie von jungen Frauen wie älteren Männern geliebt. Und auf der Berlinale ausgezeichnet.
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Zuerst will man sie kellnern sehen: In dem Wolf-Haas-Krimi "Der Knochenmann", der diesen Donnerstag ins Kino kommt, spielt Birgit Minichmayr als Kellnerin Birgit virtuos auf der Tastatur des schwarzen Humors. Ein bisschen Splatter, viel Schnee und Steiermark und ihr sinnlich trotziger Mund, der jedes vermeintliche Abfinden mit dem Leben als Schwiegertochter im Hendlhaus Lügen straft: So bildet Wolfgang Murnbergers Alpenkrimi den idealen Prolog, während man auf Birgit Minichmayrs "Gitti" wartet, die Rolle, für die sie in Maren Ades Film "Alle anderen" den Silbernen Bären der Berlinale als beste Darstellerin gewann. Ein bisschen Beziehungsstress, viel Sonne und Sardinien und ihr Hunger nach mehr: Wie das unter ihrer sommersprossigen, durchscheinenden Haut pulsiert, will man als nächstes sehen (Kinostart im Juni).
Denn jenes Element zu bilden, an dem die Falschheit ihrer Umgebung zur Kenntlichkeit gelangt, ist eine besondere Stärke der jungen Schauspielerin, die in Österreich auf einem Bauernhof aufwuchs. Bauernhof, aha, denkt man da leicht, daher das Erdige, Zupackende, Beherzte ihrer Figuren, heißen sie nun Gitti oder Birgit im Film, oder Polly, Medea, Ophelia, Lady Macbeth und Narr auf der Bühne. Vielleicht schämt man sich auch ein bisschen für dieses Denken in Klischees und einem solche Scham beizubringen, ist typisch Minichmayr.
Mit ihr erhielten zahlreiche Theaterrollen des klassischen Repertoires etwas sehr Gegenwärtiges, seit ihrem Debüt 1999 im Burgtheater in Wien. Solche sinnlichen Kindfrauen werden von älteren Männern geliebt und dass ihre Theaterregisseure in Wien und Berlin, Dimiter Gottscheff, Klaus-Maria Brandauer, der auch ihr Lehrer war, Frank Castorf und Luc Bondy eben auch ältere Männer sind, hat wahrscheinlich das Wütende und Widerständige, das auf dem Weg zu ihr immer überwunden werden muss, noch befördert. Dafür wiederum lieben sie die jungen Frauen und Filmregisseurinnen. Vor Maren Ade hatte die österreichische Autorenfilmerin Barbara Albert mit Minichmayr "Fallen" gedreht, und dort strahlt ihre Lehrerin Brigitte eine Lebenserfahrung aus, die weit über die einer Dreißigjährigen hinausgeht.
Ihr Silberner Bär ist auch eine Bestätigung für die Berlinale selbst, die sie 2001 als Shootingstar präsentierte. Über zwanzig Filme umfasst ihre Filmografie inzwischen. Und während "Der Knochenmann" und "Alle anderen" auf der Berlinale noch liefen, konnte sie sich schon über eine andere Juryentscheidung freuen: Denn vom Burgtheater Wien wurde Martin Kusejs Inszenierung "Der Weibsteufel", den natürlich sie spielt, zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
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