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SanssouciVorschlag

■ Marc Johnsons Right Brain Patrol im Quasimodo

Endlich mal ein Name, der es in sich hat. Die Musiksoziologie ist ein Stiefkind des deutschsprachigen Wissenschaftsbetriebes, und zwar so sehr, daß man von der Musiksoziologie eigentlich gar nicht sprechen kann. Da gibt es in Wien und Hamburg allerdings eine Dame der Zunft, die kennt, woran Marc Johnson kaum zu denken wagt: Hemisphärenspezialisierung. Gemeint sind die angeblich unterschiedlichen Aufnahme- und Verarbeitungsstrategien des menschlichen Gehirns – links analytisch, rechts „ganzheitlich“. Das rechte Ohr hört Sprache, die die linke Gehirnhälfte verarbeitet (wenn's denn so wäre), die Musik durchläuft den umgekehrten Weg (so wird es angenommen). Das „westliche Wertesystem“ resultiert aus linksdominantem Denken, und manch anderes rechts. Dort jedenfalls geht es vielversprechend zu: Kreativität, Spontaneität, Emotion und Dynamik sind hier zu Haus. Gut, soweit hören wir also nicht-westlich (auch wenn Frau Haselauer, so der Name besagter Professorin, den Jazz eigentlich nicht im Sinn hat) wohl typisch linksdominant).

Schnitt: Marc Johnson, Bassist aus Nebraska und um die 40, steht derzeit hoch im Kurs – der Erwartungen seiner Plattenfirma nebst angeschlossener Medien. Als mittelmäßiger Cellospieler begann er (Selbsteinschätzung), wirkte an den letzten Plattenaufnahmen des Pianisten Bill Evans mit (Reputation) und gründete Mitte der Achtziger die Gruppe Bass Desires, mit Bill Frisell, John Scofield und Peter Erskine (Outcome). Vor kurzem erschien beim Münchner JMT-Label das hörenswerte Debüt seines Right Brain (!) Patrol-Trios, ein Sound der uns die Neunziger über begleiten soll, so die werte Jazz- und World- und überhaupt Right-Brain-Society denn mitmacht.

Heuer spricht er von melodischen Baßlinien und von klaren Arrangements – verdächtig linkslastig, irgendwie. Aber mit dem aktuellen Dauerbrenner in Sachen Percussion und Gesang, dem Armenier Airto Tuncboyaciyan (im vergangenen Monat beehrte er gerade erst den Club als Mitbringsel von Arthur Blythe) und der Neuentdeckung Ben Monder an der Gitarre kann kaum was schiefgehen.

Alle etwas blaß vielleicht. Das bezieht sich aber sicher nur auf ihre Hautfarbe, nicht auf die Kreativität. Denn schließlich – der Wissenschaft zum Dank und dem Markt zur Genüge – verarbeiten wir Gehörtes ja ganzheitlich rechts, oder? Christian Broecking

Morgen, Sonntag, 28.3., 22 Uhr im Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg

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