Sanssouci: Vorschlag
■ Cecil Taylor Project beim Workshop Freie Musik in der Akademie
Zum 25. Mal jährt sich an diesem Wochenende der Workshop Freie Musik, den die Berliner Free Music Production organisiert. Ab heute geben sich die ergrauenden Highlights der improvisierten Musik die Klinke der Akademie der Künste in die Hand – fünf Tage lang –, um musikalische Geschichten zu erzählen, von der Tradition, die keiner mehr Jazz nennen will. Die „hohe Kunst der Improvisation“ ist das Markenzeichen der Workshopreihe, und keiner weiß vorher, was geschehen wird. Weder stecken Kompositionen den Kommunikationsrahmen ab, noch ist man auf programmierte Paarungen fixiert; wer mit wem, wird an Ort und Stelle entschieden. Kombinierte Interaktionsrituale dieser Art befinden sich deshalb immer im Schwebezustand zwischen hohem Kitsch und profaner Kunst, musikalischem Small talk und verschmitztem Tiefenhumor. Dieses offene Konzept hat jedenfalls den Workshop die Jahre hindurch immer wieder erneuert – trotz oder gerade wegen eher raren Vorschußlorbeeren kam es hier nie zum Ausverkauf. Das will man in diesem Jahr auch nicht ändern, und folgerichtig beginnt alles mit einer Ausnahme.
Cecil Taylor probt seit einer Woche vor Ort mit seinem streicherbetonten Project, der einzigen festen Formation des diesjährigen Workshops. Seine Jubiläumskomposition wird heute Abend uraufgeführt. Mit dabei Taylors Neuentdeckung – der Trompeter Longineu Parsons, „the fantastic young guy“ aus Florida um die 40; der langjährige Taylor-Drummer Rashid Bakr sowie Saxophonist Charles Gayle, den Peter Kowald Mitte der Achtziger auf dem New Yorker Pflaster ausmachte, wo er nach wie vor als Straßenmusiker sein Überleben organisiert. Der kanadische Cellist Tristan Honsinger, in Holland bei Misha Mengelberg aktiv, der Freiburger Cellist Muneer Abdul Fataah und Sirone Jones, einstiger Coltrane-Bassist und energiegeladene Persönlichkeit der New Yorker Loft-Szene in den Siebzigern und Achtzigern, der vor drei Jahren seinen Wohnsitz nach Berlin verlegte. Dreambands dieser Art treffen sich selten, und wenn, dann in Berlin. FMP macht's möglich. Christian Broecking
Cecil Taylor Project, 21 Uhr, Akademie der Künste.
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