Sanssouci: Vorschlag
■ Sergej Kurjochin und die Berlin Workshop Band
Sergej Kurjochin Foto: Veranstalter
Leningrad. Ein Beil, ein Stuhl, ein musikalisches Kleinholzen. Blue Rondo und Russisch-Folk. Tangos im schummrigen Wohnzimmer.
Der Club für zeitgenössische Musik sucht neue Räumlichkeiten. Kurjochin hat gespielt. Leningrad, das Zentrum des Free Jazz, Leningrad, die Kulisse für Klamauk-Rock, für Happenings auf und unter dem Flügel, für John-Cage-Fans, die keinen Cage hören, für pianistische Salonkultur, inszenierte Schlägereien und futuristische Modenschauen. Populäre Mechanik hat einen Klang, eine Bühne und einen Meister: Sergej Kurjochin.
Die russische Avantgarde hat's schwer – welche nicht? Provokation und Schock sind extrem abnutzungsverdächtig, auch in Leningrad. Danach kommt die Perfektion, die Kunst. Kurjochins Geschichte: 1954 in Murmansk geboren, dann Moskau, schließlich Leningrad, Konservatorium und Aquarium, Pop Mekhanika Orchestra und Europa, Japan und John Zorn, Seoul und Nam June Paik. Avantgarde unterwegs, Kurjochin kommt zurück, bleibt und reist und bleibt, komponiert Filmmusik und spielt Klavier. Wird Schauspieler und Theatermann. Wessen Avantgarde? „Reflexive Paranoia“ nennt Kurjochin seine Ästhetik – und macht Fernsehen.
Im Rahmen der diesjährigen Podewil-Hofkonzerte tritt er heute nach einwöchiger Probe mit einer Berlin Workshop Band auf. Guglielmo Bucchino, der Trompeter, der seit 1986 in Berlin lebt, Armando Chuh, studierter Percussion-Mann aus Sao Paulo, seit 1988 vor Ort, und Gerhard Kaulard, der Elefanten-Bassist, werden mit Kurjochin zusammenarbeiten. Was dabei herauskommt, ist schwer vorwegzunehmen. Kurjochin sagt, Musiker, die in Deutschland leben, spielen „irgendwie anarchistischer“ als die daheimgebliebenen. Jeder mache hier was er wolle. Kurjochin bittet seine Hörer um Einsicht, daß seine Musik ganz anders sei als die westliche. Keine Imitation irgendwelcher amerikanischer Helden. Eben ganz einfach seine Musik. Christian Broecking
Heute, 20Uhr im Podewil, Klosterstraße 68–70.
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