Sanssouci: Vorschlag
■ Teenage Fanclub im Loft
Es gab eine Zeit, in der man Platten von den britischen Inseln nur noch mit spitzen Fingern anfaßte: Post-Rave-Zeiten in England, traurig und öde, wie alles andere dort auch. Teenage Fanclub schloß man davon aus, denn die hatten 1991 gleich mit zwei Platten auf sich aufmerksam gemacht, die Lichter an dunklen Horizonten waren: Die eine war ohne viel Geld und in wenig Zeit unter der Prämisse des Krachmachens eingespielt worden, die andere, „Bandwagonesque“, war schon fast perfekt konzeptionell, eine Platte, die so gut werden sollte wie ihre Lieblingsplatten von Alex Chilton und seiner früheren Band Big Star (um nur einige zu nennen). Damit hatten Teenage Fanclub einen Stempel weg, und wenn man wollte, konnte man in „Bandwagonesque“ Qualitäten von geradezu beatlesschen Ausmaßen sehen, verpackt in wohldosierte Noise-Portionen.
Zwei Jahre später sind die Verhältnisse nicht einfacher geworden, der große, breitangelegte epische Rock ist populär, und Teenage Fanclub passen mit ihrer fieseligen Schönheitsmusik nicht mehr so richtig in die Erwartungsschablonen. Auch wenn eigentlich kein Mensch gar so etwas wie Designer Grunge von ihnen erwartete, schalteten sie mit „thirteen“ mal einen Gang zurück und machten eine ganz offensichtlich songorientierte Pop- Platte, die in ihrer, gerade beim erstmaligen Hören, nicht vorhandenen Griffigkeit an späte dBs- oder gar Chris-Stamey-Solo-Alben erinnert. Fast kann von Langeweile die Rede sein, wenn man ihre vorab ausgekoppelte Single „Radio“ so hört: Nach vorne etwas dünn gespielt, nach hinten kommt eine wohlgefällig, aber nicht zwingende Melodie heraus, und auch „Norman 3“, ihre laufende Hit-Single in den britischen Charts...
Aber lassen wir das, so nach und nach wird man die erhabene Größe dieser Liedchen sicher erkennen, keine Frage. Ruppiger als ihr momentanes Album ist ihr Humor geworden, der auf den Gesetzen des Business herumreitet, sie glossierend zur Schau stellt und den guten Journalisten mittels kleiner Bildchen und leerlaufender Songtexte die Stirn zeigt. Der „Song To The Cynic“ ist eine Schreibmaschine, in die ein Papier mit den Worten „I Hate Music“ eingefaßt ist, „120 Mins“ ist das nette Spielchen, mit dem MTV-Moderatoren dasselbe Gespräch wie mit Freunden führen können, und „Commercial Alternative“ sagt im Titel schon alles, in den Songzeilen aber gar nichts.
So etwas macht „Thirteen“ und den Fanclub durchaus wieder interessant, witzig und hintergründig. Musikalisch wollten sie eben nur einen „sauberen, klassischen Sound“ haben und „ehrenvolle Songs“ schreiben, wie man kürzlich dem NME erklärte, „the key ist honesty“, und zwar in offensichtlicher Abgrenzung zu Schmutz-Rock und Funk-Metal. Die Ehre sollte ihnen zuteil werden, denn es ist eben nicht nur „a satanic rock thing, you couldn't understand!“. Gerrit Bartels
Heute, 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz 5, Schöneberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen