Sanssouci: Vorschlag
■ Filme von Paul Schrader im Sputnik Kino am Südstern
Szene aus Schraders „The Comfort of Strangers“ Foto: Verleih
Wenn ein Mann in Grand Rapids, Michigan, geboren, dort das Ministry of Christian Reformed Religion am Calvin College absolviert und im Jahre 1968 seine Studien abgeschlossen hat, dann ahnt man schon, daß die Sache schwer ins Religiöse lappen wird. Strafverschärfend kommt hinzu, daß seine deutsch-holländischen Eltern ihn nie fernsehen ließen; als er dann endlich zum Film kam, hatte er praktisch nix gesehen. Sein erster Film überhaupt war „The Absent-Minded Professor“, wenn Sie sich das bitte mal vorstellen wollen, und zwar als er 17, in Worten siebzehn, Jahre alt war! Ergebnis: Alle seine Filme, aber wirklich alle, bewegen sich auf eine Art Jüngstes Gericht zu; seine Helden sind gefangene Erlöser (Travis Bickle ist nicht weniger als Patty Hearst oder Jesus Christus), die Stimmung immer submanisch.
Das Sputnik war so frei, nach den etwas leiseren Varianten dieser Gangart zu suchen, und ist dabei unter anderem auf Schraders Erstfilm „Blue Collar“ gestoßen. Die Sache trägt sich nahe der kanadischen Grenze zu, in einer Autofabrik, in der schon die Wagen für den „Taxi Driver“ hergestellt werden. Man ist ziemlich bald wie benebelt von den Sprühlack-Attacken. Drei Kerle, zwei Schwarze und ein Weißer, versuchen einen Bruch und finden Material, das die Gewerkschaftsvertreter in ihrem Betrieb aufs tödlichste kompromittieren würde. Die Kollegen sind korrupt, nur der FBI könnte noch helfen (ein Syndikat gibt es nicht). Kollegen aus diesem Hause, die es wissen müssen, haben den Film als „zutiefst maoistisch“ bezeichnet, aber ohne jeden Holzhammer, vergleichbar höchstens den lockeren, wütenden Milieustudien von John Sayles. Mariam Niroumand
Heute und morgen, 22.15 Uhr: „Taxi Driver“, Donnerstag bis Samstag, 20 Uhr: „Blue Collar“ und 22.15 Uhr: „Die letzte Versuchung Christi“, Sputnik, Hasenheide 54, Kreuzberg.
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