Sanssouci: Vorschlag
■ SFB-Film über erste Musical-Abschlußklasse der HdK
Hoch das Bein: Der Traum von der Chorus-Line – „Cabaret“ im Theater des Westens Foto: Thomas Seufert/Sequenz
„Kassenschlager“, „Publikumsmagnet“, „Touristikattraktion“, bei solch klingenden Worten schlägt sich der Kultursenator doch erleichtert lachend auf die Schenkel. Und mit der Zukunftsmelodie vom „Broadway Berlin“ wiegt er sich Nacht für Nacht in endlich wieder ruhigen Schlaf. Wo staatliche Bühnen immer verzweifelter um die Gunst der Zuschauer werben, laufen diese dem Musical ganz von alleine zu – das Geschäft mit dem reinen Entertainment boomt. Was lag da näher, als vor vier Jahren an der Hochschule der Künste einen Studiengang „Musical und Show“ einzurichten. Jetzt haben die ersten acht SchülerInnen die vierjährige Ausbildung beendet – und der SFB hat ihnen zugeschaut.
Sabine Carbon und Felix Oehler werden in ihrem Beitrag nicht müde, die Glamour-Atmosphäre eines Berlin-Broadways zu beschwören, und Roloff-Momin spricht mit glänzenden Augen Zukunftsvisionen in die Kamera. Ansonsten wird vor allem der harte Alltag des gemeinen Musical-Lehrlings betont. Zwölf Stunden „Knochenarbeit“ jeden Tag, von der Aufnahmeprüfung bis zur glanzvollen Abschlußvorstellung: Wir beobachten den einzigen männlichen Absolventen bei seinen ersten Singübungen beim Frühstück und bei der morgendlichen Autofahrt, sehen mit Freude den Gesangsunterricht bei Stanley Walden, den Schauspielunterricht bei Peter Kock und melodramatische Szenen, bis die Tränen fließen. Doch auch wenn die SchülerInnen eine Allround-Ausbildung erfahren, mit der sie auch in Schauspiel und Operetten bestehen können, ist beispielsweise Musicalunternehmer Friedrich Kurz von den Fähigkeiten der Absolventen trotzdem nicht besonders überzeugt: „Die wissen ja gar nicht, auf was die sich da einlassen. Hier wird geschuftet von früh bis in die Nacht.“ Und wenn die AbsolventInnen nach ihren Plänen befragt werden, müssen auch sie kleinlaut gestehen, daß man eben nehmen wird, was man kriegt. Hehre Vorstellungen wie „etwas Anspruchsvolles, nicht die traditionellen amerikanische Musicals“ werden gleich zunichte, wenn ein Angebot vom Theater des Westens winkt. Und unter Umständen ist man ja auch über ein Engagement am Pforzheimer Stadttheater ganz froh. Volker Weidermann
Heute, 22.15–23 Uhr auf B1: „Die Musical-Akademie – Nachwuchs für den Broadway Berlin“.
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