piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Für immer Dub: Massive Attack geben im E-Werk eine Party

Superschnell drehen sich bekanntlich die Winde auf dem Popmarkt, oft dauern aber die Umdrehungen auch zwei, drei oder gar vier Jahre, denn schließlich wollen Moden ausgebeutet, Fans bedient und ein Haufen leerer, weißer, angesagter Magazinseiten gefüllt werden. So zieren gerade in England mal wieder die Glamourpopper von Suede die Wochen- und Monatszeitungen, der Acid-Jazz-Funker Jamiroquai und nicht zuletzt auch Massive Attack, die smashenden Club-und-Dub- Helden von vor drei Jahren, die kürzlich ihr zweites Album veröffentlicht haben.

Schlurfig und tagträumerisch hörte sich damals ihr epochaler Erstling „Blue Lines“ an, in slow motion groovten die Beats und Geräusche, welche von Massive Attack direkt aus dem Studio in den Clubraum und später in den Äther geleitet wurden, und der sirrend-flirrende Song „Unfinished Sympathy“ wurde die sweetest harmony des Jahres 91. Unverhofft vereinte das Album eingefleischte Rockisten, oberflächliche easy listeners und eingeweihte Clubber auf den schmalen Grenzen von ultrakorrekter Popmusik: Mal ganz oben und leichthin, mal etwas dräuend und bedrohlich, doch immer mit genausoviel Seele wie Coolness fabrizierten Massive Attack die lecker schmeckende Soundbeilage zum sommerlichen Picknickkorb.

Daß die drei aus Bristol nicht noch einmal dieselben blauen Linien ziehen konnten und wollten, war abzusehen, ebenso, daß „Blue Lines“ die hochangelegte öffentliche Meßlatte für ihr neues Album „Protection“ sein würde. „Enttäuschung“, kräht es jetzt aus manchen Hälsen: „Ausverkauf!“ „Anbiederung!“ Doch so arg ist es nun nicht. „Protection“ ist vielleicht eine Idee zu schön, zu elegant und zu gewollt geraten, aber auch hier dösen die Songs wieder schläfrig am Tag entlang und bleiben dabei trotzdem hängen. Statt Shara Nelson und Neneh Cherry sorgen die unterkühlte Nicolette und die leicht glitschige Tracy Thorn von Everything But The Girl für die weiblichen Gesangsparts, während dahinter die gedubmixte Soundtüftelei aus Ragga, Kitsch und Streichern für den Rest an Nachmittagsfreuden sorgt.

Ob nun das E-Werk die richtige Kulisse für eine Party solcher Art abgibt, sei dahingestellt, zumindest ist es adäquat genug für das vollmundig angekündigte „multimediale Spektakel mit großer Besetzung“, bei dem die Gäste um Skulpturen aus der Massive-eigenen Künstlerwerkstatt tanzen sollen. Viel Spaß wünscht dabei Gerrit Bartels

Massive Attack Party, 27.11., E-Werk, ab 21 Uhr, Mitte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen