Sanssouci: Vorschlag
■ Brötzmann meets Schlipp + Tramp im „Kulturhaus Peter Edel“
Die alten deutschen Jazz-Säcke. Wir haben sie nicht vergessen, die Lektion von den changes. Und uns immer wieder gefragt, wie sich der Kreis einmal schließen wird. Mangelsdorff ist heuer der einzige (!) deutsche Jazzmusiker, der die wichtigsten Funktionäre des deutschen Jazz hinter sich weiß: die öffentlich-rechtlichen Jazzredakteure. Sie machten ihn zum nächsten JazzFest- Verwalter. Und wo man hinhört, wen man fragt, die alten Jazz- Säcke von der ARD wackeln weiter. Von Treffen zu Treffen, und, wie ihr letzter großer Sprecher Michael Naura mal liebevoll resümierte: Keiner hat die Herren je aus ihren Rollstühlen geschubst. „Die like a Dog“ ist der einzig gültige Kommentar zur nationalen Jazzfrage und -lage, und der kommt von Brötzmann, Kondo, Parker und Drake. Auf CD erschienen. (Apropos Mangelsdorff: Er kommt ja eigentlich auch aus dem anderen Lager. Alles weitere dazu steht in einem leider ziemlich untergegangenen Buch von Bruno Paulot: „Albert Mangelsdorff. Gespräche“; es ist im Oreos-Verlag erschienen und gibt erschöpfend Auskunft über den Jazz-Berliner dieses Jahres. Denn spätestens ab November ist hier Mangelsdorff-Time).
Über Schlippenbach, auch ein Mann aus dem anderen Lager, wissen Sie Bescheid. Sie waren zwar nicht dabei, als er in der fast leeren Wabe letztens den Albert-Mangelsdorff-Preis überreicht bekam – Schwamm drüber. Aber heute gibt's kein Pardon. Aus Münster ist gerade „für dieses, spätestens jedoch für das nächste Jahr“ ein Free-Jazz-Boom prognostiziert worden, da nämlich „Dancefloor-Jazz jetzt tot ist und bald, wenn nicht sogar sehr bald, das Ende des Sinn-Designs bevorsteht und die harte Wa(h)re namens Free Jazz und die Folgen bald, wenn nicht sogar sehr bald, in keinem Haushalt mehr fehlen darf“. So steht's in der Jazzthetik. Und Sie leben im europäischen Zentrum dieser Musik. Mittendrin.
Brötzmann sagt, daß er drauf scheißt, der „lauteste, wuchtigste Free-Jazzer von allen“ zu sein. Und daß ihn „diese europäische Avantgarde-Scheiße“ nervös macht. Mit Schlippenbach und Trampenau bläst er heute zum Ausklang der ersten drei Jahre edel Jazz. (Das vierte beginnt nächsten Mittwoch.) Brötzmann sagt auch, daß drei Leute nicht unbedingt ein Trio sind. Und wir sagen, daß Brötzmann der einzige deutsche Jazzer ist, der weiß, wie man mit einem Ton – aber: Hören Sie doch selbst mal... Christian Broecking
Heute, 21 Uhr, Kulturhaus „Peter Edel“, Berliner Allee 125, Weißensee
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