Sanssouci: Vorschlag
■ Wunderbar leicht! Definitely pop? Seam heute im Knaack
Aus Coolness wurde Zugewandtheit: Seam Foto: promo
Enorm still ist es geworden um die berühmte amerikanische Rockmusik, die gemeinhin Grunge oder – wenn man weiter entfernt war von Pomp und Gefühlskitsch – Indierock genannt wurde. Letztes Jahr beschäftigte man sich so viel mit Britanniens Pop und anderem, daß man vergaß, wie wenig einem die Amis und ihr Rock so fehlen. Dabei wurde in den Staaten munter weiterproduziert, nur unbeachteter. Und so passiert es schon mal, daß eine Band wie Seam durch alle Rezeptionsroste fällt.
Gegründet wurden Seam in Chapel Hill, North Carolina (auch bekannt als Superchunk-City) von Sooyoung Park, einem sogenannten asian american. Park hatte sich vorher schon mit Bitch Magnet hohe Aufmerksamkeit über das Unistadtdreieck in North Carolina hinaus erspielt. Deren Musik war eine wandelnde Soundschraffur zwischen den Extremen laut und leise, cool und sanft und lief damals, um 1990, schon unter Abstract 'n' Roll, Slow-Core und ähnlichem. Mit Seam versuchte Park dann 1992 in etwas ruhigeren Gewässern zu fischen. Aus Abstraktionen wurden bei Seam plötzlich Popsongs, aus abweisender Coolness Zugewandtheit. Das kündigte sich mit ihrem Debüt-Album schon an und wurde später perfektioniert, als Park nach Chicago übergesiedelt war und sich unter die Produktionsfittiche des Übermanns Brad Wood begeben hatte. Ein trauriger Schmelz legte sich über die meisten Songs, der aber auf ihrem letztjährigen Album, „Are You Driving Me Crazy“, durch wunderschöne Leichtigkeit und Unbekümmertheit ersetzt wurde. Eingespielt mit glockenhellen, fast jubilierenden Gitarren und zupackenden Drums, sind das Songs, die einem beim Hören vor Freude das Herz in die Hose rutschen lassen.
Selbstverständlich gibt's mitunter noch sehr leise Passagen. Doch da wird der Musik nicht mehr, wie seinerzeit bei Bitch Magnet, auf Teufel komm raus beredte Stille abgepreßt; nein, jeder Tempowechsel, jede abwartende Verzögerung, jede eingezogene Fläche steht im Dienste der Melodik. Park meint, er würde „definitely pop“ spielen. Doch um populär zu werden, sei's ein weiter Weg: „We'll have to wait and see about that.“ Frühes Erscheinen ist übrigens heute abend angeraten, denn Seam sind leider nur die Vorgruppe für Superchunk, die traurigste Verkörperung vom Elend des Indierocks. Gerrit Bartels
Heute, 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 221, Prenzlauer Berg
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