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SanssouciNachschlag

■ TV-Hits: Margit Bardys Raumschiff-Entwürfe in der Inselgalerie

Leutnant Tamara Jagellovsk und Commander Cliff A. McLane sehen so aus, als würden sie jeden Moment wiederauferstehen beziehungsweise vom Papier fallen. Sie sind nicht mehr die Jüngsten. 1965 bekam Margit Bardy den Auftrag, die Kostümentwürfe für die Raumpatrouille Orion zu entwerfen. „Ich war nicht sehr begeistert, weil mir das Nur- Kostüm-Entwerfen zum Hals heraushing“, sagt die 1929 in Ungarn geborene Künstlerin, die unter anderem bei dem Bauhaus-Maler Sandor Bortnyik lernte. Die Skizzen für den Kultfilm sind jetzt zum ersten Mal zu sehen: Zusammen mit Bardys Rekonstruktionsarbeiten für den zwanzigminütigen Kunstfilm „Triadisches Ballett“ nach Ideen von Oskar Schlemmer und einigen Theaterarbeiten wird in der Inselgalerie ein Revival der sechziger Jahre gefeiert.

Futuristisch karg und unheimlich modern kommen die Entwürfe für die Raumpatrouille Orion daher. Auf Pauspapier zeichnete Bardy mit scharfem Bleistiftstrich Kostüme und Crew. Vergilbter Tesafilm befestigt das Pauspapier auf einer Silberpappe, von grauer Temperafarbe leicht verdeckt. Dreißig Jahre später ist klar, daß die Zukunft vielleicht doch anders aussieht. Die Orionwelt bleibt dennoch als zeitunabhängiger Stil bestehen. In den Achselhöhlen muß das Kostüm hübsch eng sitzen, und die Frisuren, sofern es welche gibt, teilen die Haare mit einem Scheitel, der messerscharf an der Kopfhaut vorbeizieht.

Neun Jahre arbeitete die immer noch in München lebende Künstlerin bei der Bavaria, dann ging sie zurück zum Theater. Erstaunlich, wie viele verschiedene Techniken Bardy für jedes ihrer Projekte erfunden hat. 1960/61 malt sie ihre Revuebilder mit bunter Kreide auf schwarzen Karton. 1963 entwirft sie für Karl Sand auf Folie Kleiderfiguren, denen sie dann mit Kratztechnik den letzten Schliff gibt. „Man kann auf einer Schiene nicht endlos herumreiten. Selbst wenn sie einem, wie bei den Orion-Skizzen, gut von den Fingern geht.“ Zwei ihrer neuesten Arbeiten sind in der Inselgalerie ebenfalls zu sehen. All die Figuren ihrer langen Bühnenarbeit läßt die Künstlerin als Variationen in Objektbildern wiederauferstehen. Seelenruhig schlummern kleine Holzfiguren, geklebt auf zwei Mokka-Zuckerstückchen, in weißen Särgen als Transportkästen. Die Hafennutte aus Hamburg winkt da mit knapp bemessenem Fummel als Rock, nur angedeutet, aber sofort klar. „Das sind Arbeiten, mit denen wir früher selbst gearbeitet haben. Auf manchen Skizzen hat sicher mal jemand 'ne Speckwurst gegessen“, amüsiert sich Bardy. Jetzt sind es Kunstwerke – mit echter Geschichte. Nora Sobich

Margit Brady: Kostümentwürfe der 60er Jahre – Raumschiff Orion und andere Arbeiten. Bis 20.4., Mo.–Fr. 14–18, Sa. 10–14 Uhr, Inselgalerie, Inselstraße 13, Mitte

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