SWB wie Stadtwerke: Kommunal ist attraktiv
Die swb gewinnt ein Eilverfahren um ihre Namensrechte. Nun soll ein Meinungsforschungsinstitut klären, ob die Bremer "swb" mit "Stadtwerke" übersetzen
Im Kern geht es um die Frage, ob die Verwendung des Begriffs "Stadtwerke" einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Dazu definierte das Bremer Gericht gestern eine Marge: Wenn mindestens 25 Prozent der potentiellen Kunden der Meinung sind, dass die "swb" ein Stadtwerk ist - also ein kommunales Unternehmen, dem ein weniger profitorientiertes Geschäftsgebaren unterstellt wird als einem Privatunternehmen - liege eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung vor. Dass einem kommunalen Unternehmen neben einer sozialeren Orientierung auch eine höhere Bonität und Insolvenzfestigkeit zugeschrieben werde, betonten auch die Landgerichte in Nürnberg-Fürth und Kiel in ihren Urteilen gegen Goldgas. Seinerzeit, in eigener Sache, bestritt Goldgas diese Annahmen - was das Unternehmen nicht daran hindert, neben der "swb" auch andere mittlerweile private "Stadtwerke" wie in Gelnhausen zu verklagen. "Wir wollen Chancengleichheit", betont Goldgas-Gesellschafter Michael Notzon. Es könne nicht sein, dass sich lediglich ehemalige staatliche Monopolisten "Stadtwerke" oder "sw" nennen dürften, nicht aber die neuen Wettbewerber. Rechtsanwalt Notzon gründete sein Unternehmen 2006.
Vor diesem Hintergrund wäre auch eine gerichtliche Niederlage gegen die "swb" für Goldgas von Nutzen. Zwar ist das Unternehmen auch dem Bremer Markt unmittelbarer Konkurrent der swb. Wichtiger noch als dessen Niederlage könnte für Goldgas dennoch sein, "über Bande" einen Präzedenzfall zu schaffen: Wenn die Bremer "swb" heißen dürfen, kann Goldgas bei seinen eigenen namensrechtlichen Klagen darauf verweisen.
Zu dieser paradoxen Intervention passt die schon im Vorfeld früherer Verhandlungen von Goldgas geäußerte Absicht, im Fall eines Erfolgs "bis auf weiteres" auf die Durchsetzung einer einstweiligen Verfügung zu verzichten. Mit dieser Ankündigung schien sich Goldgas allerdings selbst ein Bein gestellt zu haben: Das "Prozessverhalten der Klägerin" widerspreche einer Eilbedürftigkeit, urteilte das Bremer Landgericht. Die aber ist Voraussetzung einer einstweiligen Verfügung.
Bleibt die Frage, wie man die Marktrelevanz der drei Buchstaben "swb" beurteilt. Das Unternehmen rechnet im Fall einer Niederlage - eigenen Angaben zu Folge - mit "Umfirmierungs"-Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. "Der Name ist ein Wert an sich", betont "swb-Sprecherin Britta Schell. Als solcher sei er sogar in der Unternehmensbilanz fest geschrieben, "wie haben ihn aufgebaut und jahrelang in ihn investiert."
In der Tat kürzten sich die Bremer Stadtwerke gar nicht mit "swb" ab. Erst das privatisierte Unternehmen kreierte die Marke "swb". Und betont seither, sie sei keineswegs als Abkürzung zu verstehen. Aber ist eine assoziative Rückkoppelung auf Verbraucherseite nicht einkalkuliert - was man andernorts Etikettenschwindel nennt? "Das sehen wir nicht so", sagt Schell. Im Rahmen des für Juni anvisierten Hauptsacheverfahrens soll nun ein Meinungsforschungsinstitut eine Erhebung über die Bedeutung der Buchstaben "swb" vornehmen.
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