SUSANNE KLINGNER : So habe ich den Westen verändert
Was ich verändert habe – schwer zu sagen. Es hat mich noch niemand angerufen und verkündet: „Du hast mein Leben verändert!“
Aber ich weiß, was ich verändern will: dass es viel zu viele westdeutsche Frauen noch immer für normal halten, sich zwischen Familie und Beruf entscheiden zu müssen. Oder dass sie sich damit abfinden, ihr Kind einen Tag nach dem positiven Schwangerschaftstest in der Krippe anzumelden, damit sie dort – irgendwann, vielleicht, hoffentlich – einen Platz bekommen.
Als ich vor ein paar Jahren von Leipzig nach München gezogen bin, habe ich einen echten Kulturschock erlitten: Das Bild der Mutter war und ist im Westen noch immer von Selbstaufopferung geprägt; und jeder kann den Frauen reinreden, was diese bittesehr zu leisten oder zu unterlassen hätten. Gleichzeitig wird die Familie aber schön als Privataufgabe der Frauen gesehen.
Das war nicht nur im Osten anders, es ist auch in Frankreich, Schweden und anderen Ländern, die nicht kommunistisch waren, anders, und zwar: besser.
Ich selbst bin im Osten aufgewachsen; ich bin in die Krippe, in den Kindergarten, in den Früh- und Späthort der Schule gegangen, ich habe jede Menge Zeit mit anderen Kindern verbracht, und ich hatte eine Mutter, die mir, ihrer Tochter, auch ein berufliches Vorbild war und ist. Deswegen würde ich gern die Osthaltung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch an Westfrauen weitergeben. Und sie auf diese Weise auch zu Revolten gegen unflexible Arbeitgeber und veraltete Politik anstacheln.
Susanne Klingner ist freie Journalistin („Wir Alphamädchen“). 1978 in Ostberlin geboren, lebt sie heute in München