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Archiv-Artikel

STREIKS: DIE TARIFPARTEIEN KÄMPFEN AUCH MIT IHREN ALTEN BESCHLÜSSEN Dezentralisierung wäre besser

Eigentlich haben die meisten BürgerInnen schon genug im Kopf und wollen sich nicht unbedingt damit auseinander setzen, was eine „Meistbegünstigungsklausel“ ist. Aber der Streik im öffentlichen Dienst hat zwei Gesichter. Das eine besteht aus nicht geleerten Mülltonnen und bestreikten Kitas. Das zweite, das verborgene Gesicht sind die Tarifverhandlungen im kleinen Kreis. Und da stellt sich heraus, dass die Gesprächspartner inzwischen in einem komplizierten Geflecht aus gegenseitigen Abhängigkeiten gefangen sind.

Auf Länderebene, also in den Gesprächen zwischen der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und den Gewerkschaften, geht es darum, Arbeitszeiten für die Beschäftigten der Landesunternehmen zu verhandeln. Aber wenn die Gewerkschaft Ver.di für diese Beschäftigten eine längere Wochenarbeitszeit vereinbart, dann können auch die Arbeitgeber in den Städten und Gemeinden ihren Angestellten diese höheren Wochenstunden verordnen: Das besagt die Meistbegünstigungsklausel, die vor einem Jahr leichtfertig von den Tarifparteien ausgehandelt wurde. Die „Begünstigung“ bezieht sich dabei auf die Arbeitgeber; von den Kommunen Richtung Länder gilt sie übrigens nicht.

Die Klausel war vereinbart worden, damit die Arbeitszeiten für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den alten Bundesländern sowohl auf Landes- wie auf kommunaler Ebene auf gleichem Niveau gehalten werden. Diese Rückkoppelung aber blockiert jetzt die Tarifverhandlungen. Denn Ver.di kann auf Länderebene nur wenig Bewegung zeigen – sonst kracht es bei den plötzlich „fremdbestimmten“ Tarifverhandlungen in den Kommunen. Zentralisierung ist also heikel – dezentrale Abschlüsse hingegen funktionieren. Das zeigen die Beispiele aus Niedersachsen und Hamburg, wo auf kommunaler Ebene Abschlüsse gefunden wurden.

Allzu zentralisierte Tarifverhandlungen sind nicht mehr zeitgemäß – das ist die Lehre aus dieser verfahrenen Streiksituation. Vielleicht hätte man es vorher ahnen können. Die Klausel immerhin läuft 2007 aus. BARBARA DRIBBUSCH