STEFAN REINECKE ÜBER DIE UNON UND DEN FALL ERIKA STEINBACH : Steinbach ihr Milieu
Wird Erika Steinbach für die Union so etwas wie Thilo Sarrazin für die SPD? Auf den ersten Blick sieht es so aus. Beide provozieren mit rechtsdrehenden Thesen, die dann immer ganz anders gemeint sind. Steinbach weist auf die Mobilmachung Polens 1939 hin und schiebt nach, dass damit natürlich die Schuld Nazideutschlands keineswegs in Abrede gestellt werden soll. Was aber dann?
Es ist kein Zufall, dass Steinbach Sarrazin glühend verteidigt. Beide inszenieren ein ähnliches Spiel, an dessen Ende sie sich stets als Opfer einer engstirnigen Öffentlichkeit fühlen dürfen. Da enden allerdings die Ähnlichkeiten. Sarrazin ist ein Rechthaber, der vor allem sich selbst vertritt. Steinbach repräsentiert die einflussreichen Vertriebenenverbände, die für die Union seit Jahrzehnten ein verlässliches Wähler- und Mitgliederreservoir sind. Die Verbindung von Union und BdV war lange geradezu symbiotisch. Diese Symbiose löst sich auf, wofür die gestrige Erklärung Erika Steinbachs, nicht mehr für den CDU-Vorstand kandidieren zu wollen, ein klares Indiz bildet. Das konservative Milieu spaltet sich in einigermaßen weltoffene und trübe rückwärtsgewandte Teile. Diesen Prozess hat Steinbach selbst beschleunigt, weil sie sich Thesen von Vertriebenenfunktionären zu eigen macht, die die Naziverbrechen relativieren. Auch ihren Sympathisanten auf dem rechten Flügel der Union geht das langsam zu weit.
Wie ein Enzym hat dabei der kluge Entschluss des Zentralrats der Juden gewirkt, dem Stiftungsrat der Stiftung „Flucht,Vertreibung,Versöhnung“ erst mal den Rücken zu kehren. Das Zentrum ist ein Projekt des Bundes. Wird es zum Spielzeug revanchistischer Vertriebenenfunktionäre, hat der Zentralrat dort nichts verloren.
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