STEFAN REINECKE ÜBER DIE REGIERUNGSERKLÄRUNG DER KANZLERIN : Merkels Parlament
Nein, Angela Merkel hat nichts Neues erzählt, wie auch? Ihre Regierungserklärung ist nach dem Koalitionsvertrag und der Klausur in Meseberg die dritte Selbstdarstellung der Großen Koalition. Die Kanzlerin inszeniert sich als erhaben über kleinlichen Zwist. Sie malt große Linien, bei Euro und Energiewende. Ihr in Worthülsen verpacktes Projekt ist: Deutschland muss in Europa führen, denn nur mit aggressivem Export à la Deutschland kann die EU global bestehen. Wenn alle in Südeuropa so fleißig ihre Hausaufgaben machen wie Deutschland – also sparen und exportieren –, dann wird alles gut. Das ist Merkels Mantra, ihr Überzeugungskern. Die SPD nickt dabei still. Nur Unverbindliches hört man indes von der „Kanzlerin aller Deutschen“ (Merkel über sich selbst) zur US-Spionage.
Merkel versteht sich auf eine Rhetorik der mittleren Vernünftigkeit, die beruhigend, fast einschläfernd wirkt. In der Großen Koalition, die für einen Mix aus mehr sozialem Ausgleich, gedrosselter Energiewende und Merkels Europolitik steht, ist das noch deutlicher als zuvor. Die Opposition hat es äußerst schwer, diesen großen Konsens, das wolkige Wohlgefallen zu durchdringen. Das liegt nicht nur an den bescheidenen Redezeiten für Grüne und Linkspartei. Die Grünen sind bei der Energiewende, auf die sie das Copyright haben, dazu verdammt, die Rolle der konstruktiven Opposition zu spielen. Der Linkspartei geht es beim Mindestlohn nicht viel anders. Deshalb klangen die Gegenreden von Gysi und Hofreiter etwas matt.
Wenn diese Debatte die Blaupause für die Auseinandersetzungen im Parlament bis 2017 ist, dann kann man sich auf den ödesten Bundestag seit Langem gefasst machen. Mit einer Großen Koalition im endlosen Selbstgespräch, einer entrückten Kanzlerin, einer halb gefesselten Opposition. Gut für die Demokratie ist das nicht.
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