STARALBUM: JOHN WAYNE : The Duke
„Ich hätte mir diese Augenklappe schon vor 35 Jahren überziehen sollen.“ So beginnt John Wayne, während er eine Träne verdrückt, seine Dankesrede, als er 1969 eine goldene Oscar-Statuette überreicht bekommt. Es sollte die erste und einzige seiner Karriere bleiben. Und natürlich für die Rolle eines Westernhelden.
Aber obgleich Wayne schon Dutzende Male Sporen, Hut und Revolvergurt angelegt hatte, war die Rolle des Reuben J. „Rooster“ Cogburn selbst für den „Duke“ ungewöhnlich. Ein Veteran, der sich im Bürgerkrieg marodierenden und plündernden Truppen angeschlossen hatte. Ein US-Marshall, nach dessen Verhaftungen regelmäßig der Leichenbestatter aufräumen darf. Ein alternder Trinker, der ein Auge verloren hat. Aber Cogburn hat, was anderen fehlt: „True Grit“, echten Schneid. Auch wenn er selbst das im Suff manchmal zu vergessen scheint.
Dass Wayne ausgerechnet zum Höhepunkt der Gegenkultur von Hollywood die höchste Auszeichnung der Branche erhält, darf als Ironie der Geschichte gelten. Vermutlich hatte man in der Academy geahnt, dass dieser Zeitpunkt die letzte Gelegenheit sein würde, eine der ganz großen Ikonen der Filmindustrie zu ehren.
Denn nicht nur der „Marshall“ (so der deutsche Verleihtitel), auch der Western war 1969 ziemlich ausgelaugt. Im finalen Duell des Films durfte Wayne noch, beidhändig schießend und aus vollem Galopp, mit Todesverachtung auf seine Feinde lospreschen. In Sam Peckinpahs „Wild Bunch“, der im selben Jahr entstand, war der letzte Shoot-out nur noch ein Massaker, angerichtet mit Maschinengewehren, Handgranaten und Dynamit.
Die Protagonisten des New Hollywood standen bereits in den Startlöchern, um die alten Erzählungen beiseitezufegen. Da nutzt es wenig, dass Wayne mit Robert Duvall und Dennis Hopper (der zur selben Zeit als „Easy Rider“ motorisiert über die Highways fuhr) in „True Grit“ gleich zwei der männlichen Ikonen des kommenden Jahrzehnts über den Haufen schießen durfte.
Jetzt hat ausgerechnet Jeff Bridges, der in „The Big Lebowski“ als „The Dude“ das Machotum im fröhlichen Slacker-Dasein verabschiedete, die Augenklappe übergezogen. „True Grit“ von den Coen-Brüdern beruht auf derselben Romanvorlage von Charles Portis wie der 1969er Film, soll sich aber strenger an die literarische Vorlage halten. DIETMAR KAMMERER