piwik no script img

STANDBILDEin exakteres Porträt, bitte!

■ Showgeschichten: Eckart Hachfeld, am Mittwoch, um 23 Uhr, ARD

Zu dieser Sendezeit, einiges nach 23 Uhr, darf man auch schon mal zwei bis drei Worte über die klammheimliche, nie offen durchgeführte Zensur beim Deutschen Fernsehen verlieren — man verliert sie und findet sich nachher nicht mehr wieder... Der solches wagte, hat in seinem 80jährigen Leben schon Schlimmeres erlebt als vom Fernsehen sanktioniert zu werden. Eckart Hachfeld, der am Tag zuvor achtzig Jahre alt geworden war und dem darum diese Sendung gewidmet wurde, entstammt einer preußisch- autoritär geführten Offiziersfamilie. Sein beruflicher Werdegang wurde vom Vater bestimmt; so blieb ihm keine Wahl, als — wie gewünscht oder besser: wie befohlen — Jurist und später, im Zweiten Weltkrieg, Offizier zu werden. In britischer Kriegsgefangenschaft begann Hachfeld kabarettistische Nummern zu schreiben, zunächst für den Lagerfunk, dann für ein ohne Erlaubnis agierendes Lagerkabarett. Zuständig für dieses Camp Sheffield war der Emigrant und spätere SPD-Abgeordnete Philip Rosenthal, der die vorzeitige Entlassung Hachfelds anordnete. Zurück in Deutschland begann Hachfeld, schon seit der Vorkriegszeit Familienvater und mittlerweile 37 Jahre alt, eine neue Karriere als Verfasser von Kabarett- und Liedertexten, als Drehbuchautor und als Lieferant satirischer Verse zunächst für die 'Welt‘, später für den 'Stern‘, die als Rubrik „Amadeus geht durchs Land“ erschienen. Auch hinter Carola Mohn (ebenfalls 'Stern‘) und Publikus ('Gong‘) verbirgt sich eben dieser Eckart Hachfeld, der bis heute (sinngemäß) behauptet, Erfolg beruhe zu 95 Prozent auf Sitzfleisch und zu 5 Prozent auf Begabung.

Naturgemäß hat so ein Mann, besonders wenn er, wie Hachfeld, nicht die geringsten Alterserscheinungen zeigt, eine Menge zu erzählen. Dafür blieb wenig Raum in dieser nach dem „Das-war-ihr-Leben“-Prinzip angerichteten Sendung. Da gab es die Begegnung mit ehemaligen WeggefährtInnen wie Lore Lorentz, Rosenthal und Udo Jürgens, der schließlich — es kommt immer, wie es kommen muß — zum unvermeidlichen Geburtstagsständchen ausholte. Da überwog dieses gemütlich „Weißt Du noch...“, die Beweihräucherung und Lobhudelei die Zeitzeugenschaft dieses Mannes. Selbst beim Aufbereiten des Dokumentarmaterials wurde gehörig geschlampt, denn die Behauptung des Gastgebers Gerhard Schmitt-Thiel, es gebe kein Filmmaterial über und mit Wolfgang Neuss, stimmt einfach nicht. Erfreulich waren Udo Jürgens offene Wort zu dem von Hachfeld getexteten Politschlager „Lieb' Vaterland“, der, Anfang der Siebziger mit Sendeverbot belegt und als Skandal empfunden, heute aktueller ist denn je. Gern würden wir noch einmal ein exakteres Porträt, eine detailliert nachempfundene, vielleicht um Spielszenen erweiterte spannende Dokumentation über das reiche Leben dieses Mannes sehen. Horst Königstein, hier ist ein Stoff für Sie! Herr Dittmeyer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen