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STANDBILDAutor und Kritiker unterhalten sich

■ "Schlösser", Montag, 12.11, ZDF, um 22.45 Uhr

Sie, Herr Zobel!“ — „Ja bitte, Herr Dittmeyer?“ — „Sie sind doch der Autor dieses Fernsehspiel vom Montag abend...“ — „Und der Regisseur!“ — „Aha. Und wo haben Sie das Regiehandwerk erlernt, wenn man fragen darf?“ — „An der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen.“ — „Soso. Wissen Sie eigentlich, saß manche Kollegen das Wort ,Fernsehspiel‘ als Schimpfwort für mißlungene Kinofilme benutzen?“ — „Ich habe schon davon gehört.“ — „Woher, meinen Sie, kommt das?“ — „Ich weiß nicht, Können Sie's mir erklären?“ — „Ich vermute mal, es rührt von Fernsehspielen wie dem Ihren.“ — „Wie meinen Sie das, Herr Dittmeyer?“ — „Schauen Sie, bei fast jedem Szenenwechsel ließen Sie die Kamera erst einmal langwierig den Ort der Handlung abfahren, auch wenn sich der Protagonist nur kurz dort aufhielt. Gelegentlich arbeiteten Sie sogar darüber hinaus mit plakativen Symbolen wie einem Hinweisschild an der Autobahn oder einer Leuchtreklame mit dem Wort ,Hotel‘. Und weil Ihr Held ein Unglücksrabe ist, muß er sich immerzu beim Rasieren schneiden, alles fallenlassen und bekommt sein Auto demoliert. Am Schluß tragen Sie ganz dick auf: Da dreht sich Ihr Martin dann auch noch in einem in den Nordseestrand gezeichneten Kreis. Finden Sie nicht selbst, daß das alles ein bißchen übertrieben ist?“ — „Gerade Sie, Herr Dittmeyer, werfen uns Fernsehregisseuren doch immer Geschwätzigkeit vor. Wenn man nun mit Hilfe von Bildern und Symbolen erzählt, ist es Ihnen auch wieder nicht recht.“ — „Es gibt auch eine Geschwätzigkeit der bildhaften Erzählung, das Äquivalent zu dem, was bei uns Zeilenschinderei genannt wird. Überhaupt Erzählung... Was hatten Sie denn groß zu erzählen? Ein Mann fährt von München nach Norderney, um seinen Vater anzupumpen, zieht unverrichteter Dinge ab, holt sein Kind vom Flughafen und fährt nach Hamburg, um mit dem Verkäufer wertvoller Kochrezepte zu verhandeln. Während er erneut auf die Nordseeinsel reist, um den Alten endgültig wegen des Geldes anzugehen, springt der Koch aus dem Fenster. Für dieses Rudiment an Handlung haben Sie fast neunzig Minuten gebraucht, wobei mich die Nebenhandlung mit dem Sohn übrigens sehr an Wim Wenders Alice in den Städten erinnert hat...“ — „Hat Ihnen denn gar nichts gefallen an meinem Film?“ — „Doch, die Kindergärtnerin. Zum einen bin ich dankbar für den Tip, daß man bei Ikea kostenlos und günstig die Kinder für ein paar Stunden deponieren kann. Zum anderen ist Katharina Abt eine sehr schöne Frau...“ — „Und eine ausgezeichnete Schauspielerin.“ — „Da sind wir uns ausnahmsweise einig, Herr Zobel. Vielleicht sollten Sie für Frau Abt einmal ein passendes Skript schreiben — ohne übertriebene Symbolismen, langatmige und überflüssige Kameraeinstellungen und mit einer packenden Story.“ — „Eine gute Idee, Herr Dittmeyer. Wollen Sie mir nicht dabei behilflich sein?“ — „Warum nicht, Herr Zobel, ich hätte da noch ein Exposé in der Schublade...“ Herr Dittmeyer

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