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Archiv-Artikel

SPRINGER VERZICHTET AUF PRO7, UM SEIN TV-GESCHÄFT ZU RETTEN Citizen Döpfner

Nun also doch. Um seine TV-Pläne zu verwirklichen ist der Springer-Verlag bereit, auf ProSieben zu verzichten: Er würde sich mit den restlichen Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe bescheiden. Wie mutig: Denn dafür nimmt Springer-Chef Mathias Döpfner erhebliche Risiken in Kauf. ProSieben ist der ertragreichste Sender der Gruppe. Ob er sich überhaupt aus der TV-Familie herauslösen lässt, ist noch unklar. Und erst recht, ob diese ohne ProSieben dann überhaupt noch Sinn macht.

Wer hätte gedacht, dass der vermeintlich so nüchterne Technokrat Döpfner doch noch zum Medienmogul taugt. Um seinen kühnen Traum vom integrierten Medienkonzern, der im Zeitungs- wie im TV-Geschäft an der Spitze mitspielt, zu retten, stellt er die betriebswirtschaftliche Logik vorübergehend hintan – Leo Kirch lässt grüßen!

Doch Döpfners überraschende Bereitschaft zum Verzicht auf ProSieben sorgt nun auch für einen handfesten Zwist mit dem bisherigen Besitzer der Sendergruppe, Haim Saban. Dem wäre eine Paketlösung beim Verkauf sicher viel lieber.

Dafür haben das Bundeskartellamt wie auch die Medienkonzentrations-Kommission KEK prompt signalisiert, dass sie bei einem schnellen Verkauf von ProSieben ihre bisherigen Bedenken zurücknehmen und einer Fusion der Restsender mit der Springer AG grundsätzlich zustimmen würden: Ein Durchbruch also. Ein Marktanteil von 6,7 Prozent – auf so viel kam ProSieben im Jahr 2005 im Durchschnitt – macht nach geltendem Medienrecht schließlich einen großen Unterschied. Doch ändert sich wirklich so viel? Wohl kaum. Denn was bleibt, ist immer noch die Aussicht auf ein Springer TV.

Der einzige Unterschied: Der neue Mediengigant würde dann neben Bild, Welt und Co. wohl „nur noch“ über Sat.1, Kabel 1, den Nachrichtenkanal N24 sowie das dümmliche Spielchenprogramm Neunlive verfügen. Auch nicht gerade wenig. Durch so viel Presse- plus Fernsehmacht droht der deutschen Medienlandschaft weiterhin eine gewaltige publizistische Konzentration.

STEFFEN GRIMBERG