SPORTPLATZ : Der Abstieg muss wieder eingerechnet werden
FUSSBALL-BUNDESLIGA Hertha blamiert sich in Dortmund. Zwei Spieltage vor Saisonende heißt es deshalb doch wieder Bangen um den Klassenerhalt
Es ist eine Gleichung mit einer Unbekannten. Sie lautet: 34 + x = Klassenerhalt. Hertha BSC hat zurzeit 34 Punkte. Zwei Spieltage vor Saisonende tritt das Team von Trainer Pál Dárdai auf der Stelle – erkennbar auch bei der 0:2-Niederlage in Dortmund am Samstag. Und: Nun könnte für die Berliner doch noch das große Gezitter losgehen.
Nach der Pleite beim Noch-Klopp-Klub, bei der es Hertha auf ganze zwei Torschüsse in 90 Minuten brachte, werden die letzten Spiele gegen Frankfurt am kommenden Wochenende und in Hoffenheim darüber entscheiden, ob die Berliner doch noch absteigen beziehungsweise in die Relegation müssen. Das Gefühl des Abstiegs kennt man ja nach 2010 und 2012 ganz gut – will man anno 15 auf Nummer sicher gehen, sollte man am kommenden Sonnabend dafür sorgen, dass drei weitere Zähler auf der Habenseite des Punktekontos landen.
Beim BVB verlor Hertha an diesem Sonnabend – und das war anders als bei den vorherigen Spielen – völlig verdient. Während etwa beim Auftritt in München eine starke Defensivleistung geglückt war, ließ man diesmal die Dortmunder nach Belieben kontern. Dabei dürfte es sich auch bis zu den Trainingsplätzen im Westend inzwischen herumgesprochen haben, dass Klopps Elf nicht zu den allerschlechtesten Konterteams zählt – und dass sie diese Stärke auch in einer für Dortmunder Verhältnisse verkorksten Saison zur Geltung bringen kann.
„Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll: ein bisschen blockiert, ängstlich“, kommentierte Pál Dárdai daher nach dem Spiel die Hertha-Performance. Und auch er erkannte: „Wir haben uns keine klare Chance herausgespielt.“ Die beste Hertha-Möglichkeit gab es erst drei Minuten vor Schluss durch Stürmer Sandro Wagner, der jedoch den Ball mit dem Kopf nicht richtig traf.
Denn Hertha entdeckte erst 20 Minuten vor Abpfiff, dass man, wenn man gerade schon mal in Dortmund auf einem Fußballfeld steht, auch eigentlich mitspielen könnte, statt nur den BVB-Kickern beim Sporttreiben zuzusehen. Es schien so, als weiteten die Hertha-Spieler die Erholungsphasen, die Dárdai seinen Schützlingen vergangene Woche gewährte, einfach auf dieses Spiel aus. Zumindest 70 Minuten lang. Da war die Partie durch die Treffer von Neven Subotic (9.) und Erik Durm (47.) allerdings längst gelaufen.
Dabei stand Pál Dárdai bisher doch für einen soliden Konsolidierungskurs bei den Herthanern. Dass sein Team ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase eine der schlechtesten Leistungen unter seiner Regie ablieferte, dürften die Fans als besorgniserregend ansehen – selbst wenn die vorherigen Partien noch so gut waren. Zuvor hatte man in zwölf Spielen unter Dárdai nur zehn Gegentore kassiert und sich deutlich stabilisiert. Sollte man aber derart uninspiriert wie in Dortmund auftreten, wird man kaum mehr Punkte holen.
34 plus wie viel also? Wenn die hinter Hertha platzierten Hamburger (32), Freiburger (31), Hannoveraner (31) und Paderborner (31 bei Redaktionsschluss) am Sonnabend punkten und Hertha nicht, droht eine Nervenschlacht am 34. und letzten Spieltag. Und dann wäre, das weiß man, alles möglich. Will man sich dies ersparen, sollte man bis zum Spiel gegen die wiedererstarkten Frankfurter (3:1 gegen Hoffenheim) begriffen haben, dass ein böses Erwachen keine ferne Vision ist, sondern ziemlich real erscheint. JENS UTHOFF