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Archiv-Artikel

SPORTPLATZ Der Zukunft entgegen

FUSSBALL 1:1 gegen Cottbus – ab jetzt spielt Hertha BSC wieder bei den Großen. Nur ein Detail wird der Klub an der Zweiten Liga vermissen

Partystimmung überall: Durch den Karneval der Kulturen hindurch geht es Richtung Charlottenburg, wo die Feier am Olympiastadion ebenso enthusiastisch ist, auch wenn sie weniger farbliche Vielfalt aufweist: blau-weiß, wohin man blickt – selbst der Himmel hat sich zu Herthas Meistersause blau geschmückt.

Es ist dann 15.37 Uhr, als Herthas 289-tägiger Aufenthalt in Liga zwei mit einem feierlichen Akt beendet wird. Riesenjubel, als Coach Jos Luhukay aufs Podest steigt. Kurz darauf reckt Kapitän Peter Niemeyer, der erstmals nach seiner Gehirnerschütterung wieder auf dem Platz stand, die Meisterschale in den Himmel. „Man darf sagen, dass wir eine Ausnahmemannschaft waren“, sagt Luhukay später.

Die silberne Trophäe – eine Art Autofelge in edel – hat Hertha sich auch im letzten Saisonspiel verdient. Das 1:1 gegen Energie Cottbus nach spätem Ausgleich durch John Anthony Brooks brachte Hertha einen weiteren Rekord ein: Mit 76 Punkten haben die Berliner so viele Zähler erreicht wie nie zuvor ein Zweitligateam in einer Saison.

Der Titel des besten Torschützen hingegen, den sich Herthas Mittelfeld-Ass Ronny holen wollte, ging an den Braunschweiger Domi Kumbela, der 19 Treffer und damit einen mehr als der Brasilianer auf dem Konto hat. Da halfen auch alle lang gezogenen Ronny-Sprechchöre nichts, die bei seinen Freistößen durch das mit 63.267 Zuschauern gut gefüllte Rund hallten.

Dennoch gab es massig Bestmarken zu feiern: So viele Punkte hat Hertha noch nie in einer Spielzeit geholt. Mit 65 Toren haben die Berliner mit Abstand die meisten der Liga erzielt und mit 28 Gegentoren waren sie auch in der Defensive die Besten. Und gut 40.000 Besucher im Schnitt (Zweiter im Publikumsranking) sind mehr als ordentlich.

Das Spiel gegen Cottbus bot dabei noch mal halbwegs unterhaltsame Kost. Die Führung für Cottbus fiel nach einer knappen halben Stunde, als Nicolas Farina im Nachschuss traf – ein Treffer, der wegen Handspiels zuvor eigentlich nicht hätte zählen dürfen. Hertha hatte die besseren Chancen in der ersten Hälfte, etwa zwei Freistoß-Knaller von Ronny oder Adrian Ramos’ Kopfstoß. Kurz vor der Pause sah Maik Franz zu Recht die Rote Karte nach einer Notbremse am Cottbusser Stiven Rivic.

Personalie Luhukay

In der etwas schwächeren zweiten Hälfte bot sich Ben Sahar nach gut 75 Minuten die Riesenchance zum Ausgleich, als er völlig frei vor dem Tor stand – und es dennoch nicht traf. Das holte Brooks mit einem Kopfball vier Minuten vor Schluss nach. Nun kann Hertha sich für Liga eins rüsten. Wichtigste Personalie wird Luhukay sein, dessen bis 2014 laufenden Vertrag man vorzeitig um zwei Jahre verlängern will. „Ich habe die Aufgabe nicht nur angenommen, um mit Hertha aufzusteigen, sondern um dann einer guten Zukunft entgegensehen zu können“, sagte er.

Mit der Verpflichtung des Innenverteidigers Sebastian Langkamp, den Luhukay noch aus Augsburg kennt, ist der erste Transfer schon perfekt. Nun soll Hertha auch noch am japanischen Nationalspieler Hajime Hosogai von Bayer Leverkusen interessiert sein, Linksverteidiger Johannes van den Bergh wird wohl aus Düsseldorf kommen.

Für eines ist so ein Zweitliga-Aufenthalt übrigens doch ganz gut: Eine Meisterfeier wird es in der Etage darüber so schnell nicht geben. JENS UTHOFF