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Archiv-Artikel

SPD: ratlos, aber lautstark KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE

Kurt Beck ist als Redner nicht gerade ein Ausnahmetalent. Doch mit dem Stern-Interview ist ihm ein rhetorischer Knalleffekt gelungen. Der SPD-Chef, so manche Schlagzeilen, will einen Kurswechsel, eine Öffnung der SPD in Richtung Mitte! Endlich ein klares Wort, wohin die SPD will.

Und Beck will sogar noch mehr – nämlich dass die SPD genauso bleibt, wie sie ist. Denn die leistungsbereite Mitte, zu der sich die SPD so dringend hinwenden soll, ist für Beck nichts anderes als die klassische Kernwählerschaft der Partei: von der Krankenschwester bis zum Facharbeiter. Beck hat gesagt, was er immer sagt, gewürzt mit dem Schlagwort „Leistungsträger“.

Das krachende öffentliche Echo auf Beck ist eine Art Rückkopplungseffekt. Die leer drehende Programmdebatte der SPD trifft auf eine erregungsbereite Öffentlichkeit. Das Resultat ist ein Knall, an dessen Ursache sich schon bald keiner mehr genau erinnern wird.

Interessant ist aber nicht, dass die SPD Facharbeiter für sich reklamiert und ihr Chef das trickreich als neues Programm verkauft. Interessant ist, dass der SPD zu dem arbeitslosen Facharbeiter über 50 und der langzeitarbeitslosen Krankenschwester nichts mehr einfällt. Dem unteren Fünftel dieser Gesellschaft hat die SPD nichts anzubieten – außer Drohungen, ihm das Leben schwer zu machen, und gelegentlichem Händeringen.

Die SPD hat keine Idee, wie sie die soziale Undurchlässigkeit durchbrechen kann. Die Grenze zwischen jenen, die Arbeit haben, und der Hartz-IV-Klientel bleibt solide befestigt. Auch generationell gilt in Deutschland: Wer arme, ungebildete Eltern hat, wird selbst arm und ungebildet. Dieser Riss im sozialen Gefüge macht die SPD ratlos. Kann sein, dass sie diese Ratlosigkeit mit ihrer politischen Konkurrenz teilt. Aber den Sozialdemokraten schadet sie mehr. Denn stark waren sie, wenn sie gesellschaftlichen Gruppen – etwa den katholischen Frauen in den 70ern – Aufstiegschancen eröffneten und für Mittel- und Unterschicht Praktisches taten. Das ist lange her.

Heute fällt der SPD außer Händeringen nicht viel ein. Solange das so bleibt, wird sie bei Wahlen kaum über dreißig Prozent kommen.

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