SPD-Bilanz der Bayern-Wahl: Lauter zufriedene Verlierer
Die SPD hat in Bayern so wenige Stimmen bekommen wie nie. Gesine Schwans Chance, Bundespräsidentin zu werden, ist perdu. Doch die SPD redet sich ihre Lage schön
Nach der Bayernwahl gibt es in der SPD nur zufriedene Verlierer. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier fand den Wahlabend "schön" - eine bemerkenswerte Einschätzung angesichts des historischen Tiefstands von 18,6 Prozent für die Bayern-SPD. Steinmeiers Einschätzung, dass sich nun endlich "Chancen für die SPD" auftun, wirkt geradezu realitätsfern.
Die SPD hat ihre erste Wahl nach Kurt Beck verloren. Die Hoffnung, dass das Duo Steinmeier/Müntefering bessere Wahlergebnisse garantiert, war erst mal eine Illusion. Doch statt dies nüchtern anzuerkennen, reden die Genossen ihre Niederlage schön. "So schnell geht das nicht", sagt Johannes Kahrs, Sprecher der rechten Seeheimer Kreises, zur taz. Außerdem hätten nur "landespolitische Gründe" eine Rolle gespielt.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält das SPD-Ergebnis nicht für dramatisch. Es sei normal, dass die SPD von der CSU-Krise nicht profitiert hat, weil man ja in Berlin gemeinsam regiert. Die SPD sei, so Lauterbach, in Bayern "zwischen zwei populistischen Parteien", CSU und Linkspartei, aufgerieben worden. "Wir sind aus dem Zentrum des Wahlkampfs herausgedrängt worden." Die Union habe, wie schon in Hessen, törichterweise auf eine Anti-Linkspartei-Kampagne gesetzt und damit die Linkspartei erst richtig stark gemacht. "Es ist doch grotesk, angesichts von Finanzkrise und Klimakatastrophe vom Untergang Deutschlands zu reden, nur weil ein Gewerkschaftsfunktionär 2 Prozent mehr bekommt." Die SPD müsse sich mit Blick auf die Bundestagswahl 2009 für Ähnliches rüsten. Lauterbachs Schlussfolgerung: Die SPD muss "aggressiver gegen Union und Linkspartei vorgehen".
In der großen Koalition, so die Meinung in der SPD, wird das Klima rauer. Man erwartet, dass bei Erbschaftsteuer und Mindestlohn die Hardliner in der Union zu Wort kommen. Die SPD aber wird, so Lauterbach zur taz, nicht "nachgeben, um die internen Problem der Union zu lösen". Auch die SPD-Rechte glaubt: "Die Kanzlerin muss nun führen."
Begraben kann die SPD wohl die Aussicht, dass Gesine Schwan Horst Köhler im Mai im Amt des Bundespräsidenten beerben könnte. Denn trotz der CSU-Niederlage hat das Köhler-Lager in der Bundesversammlung eine hauchdünne Mehrheit. Weil klar ist, dass die Linkspartei, wie schon 2002, keinesfalls geschlossen für Schwan stimmen wird, ist ein Sieg für Schwan nur noch theoretisch möglich.
Vielleicht ist es der Steinmeier-SPD gar nicht so unlieb, dass das Projekt Bundespräsidentenwahl faktisch zu den Akten gelegt wird. Denn eine von Rot-Rot-Grün gewählte SPD-Bundespräsidentin wäre das Koalitionssignal gewesen, das die Steinmeier-SPD keinesfalls senden will. Schon um nicht in einer Rote-Socken-Kampagne der Union 2009 unter die Räder zu kommen.
Ein Problem der SPD aber bleibt. Sie wirkt wie ein Verlierer, der sich routiniert schon mit kommenden Niederlagen anfreundet.
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