SHUFFLE-MODUS AN : John Lennon
Tom Sawyer hat nicht mehr alle Latten am Zaun!“ Da mögen sie recht haben, er und seine Kumpels in Jeansjacken. Geht mich aber eigentlich gar nichts an, denn ich habe heimlich gelauscht, und das soll man nicht. Weder als U-Bahn-Fahrgast noch als Präsident. Also werden die Kopfhörer ausgepackt und wird ein Shuffle-Modus eingestellt.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Funktion dieses Knopfes verstanden hatte, umso begeisterter bin ich (als bekennender Techniklegastheniker) von seinen Eigenschaften. Er wählt willkürlich Songs aus dem überfüllten Speicher meines MP3-Players und spielt diese dann ab. Im Endeffekt macht er das Gleiche, was auch mein Gehirn tut, wenn ich mich durch die Stadt bewege. Ein kurzer Ausschnitt aus einem Album, hier ein Satz ohne Kontext, dort eine Bemerkung ohne Hintergrundwissen. Dann setze ich plötzlich die Kopfhörer wieder ab. Zwar hatte John Lennon soeben gesagt: „Life is what happens to you while you make other plans“, und Yoko kicherte im Hintergrund, aber diese Datei lässt sich noch des Öfteren abspielen, bis an mein Lebensende.
Wieso aber Tom Sawyer nicht mehr alle Latten am Zaun hat, sagt mir höchstwahrscheinlich niemand, bis auf meine Sitznachbarn. Das Gespräch war unglücklicherweise schon an einer anderen Stelle, Tom Sawyer spielte leider keine Rolle mehr. Stattdessen unterhielten sich die drei Jeansträger über Mark Chapman, den Mörder Lennons.
Es war offensichtlich, dass sie Lennons Stimme aus meinen Kopfhörern erkannt hatten und dies nun ihr Gespräch beeinflusste, mein Shuffleknopf war also schuld an meiner jetzigen Ratlosigkeit, Tom Sawyers Latten betreffend. Diese Kombination aus Handlung, Ursache, Aktion und Reaktion ist natürlich einzig und allein dem Menschen vorbehalten. Da kann kein Shuffleknopf der Welt mithalten.
JURI STERNBURG