SCHOTTLAND VOR DEM UNABHÄNGIGKEITSREFERENDUM : FUK oder nicht FUK
RALF SOTSCHECK
Jetzt bloß keine Panik, beschwichtigte Alex Salmond seine Anhänger am Mittwoch. Am Vorabend hatte der schottische Premierminister von der Scottish National Party (SNP) beim Fernsehduell mit seinem Widersacher Alistair Darling im Royal Conservatoire of Scotland in Glasgow keine sonderlich gute Figur gemacht. Salmond wollte die Schotten – fast eine Million saßen am Bildschirm – von den Vorzügen der Unabhängigkeit überzeugen, der Labour-Politiker und frühere Schatzkanzler Darling warnte die Nation davor, beim Referendum am 18. September das Kreuzchen hinter „Ja“ zu machen.
Selbst seine eigenen Leute trauten Darling, dem Chef der von Tories, Labour und Liberalen gemeinsam geführten Kampagne „Better Together“, nicht viel zu. Was sollte der blasse und schulmeisterliche Graukopf schon gegen den charismatischen und eloquenten Salmond ausrichten? Man wäre schon zufrieden, wenn Darling nicht über seine eigenen Schnürsenkel stolpere, sagte einer aus seinem Team vor der Debatte. Doch es kam anders.
Salmonds großer Schwachpunkt ist die Währungsfrage, und auf der ritt Darling genüsslich herum. Salmond möchte das Pfund behalten. Darling, der noch vor einem Jahr erklärt hatte, die Weiterführung des Pfunds als schottische Währung sei „logisch und erstrebenswert“, erwiderte, das Pfund gehöre dem Vereinigten Königreich, und es wäre „eine erstklassige Dummheit, wenn man mit der Währung eines anderen Landes herumwurschtelt“.
Aber Darling drückte sich auch um so manche Antwort. Ob er dem britischen Premierminister David Cameron zustimme, dass ein unabhängiges Schottland durchaus erfolgreich sein könnte, fragte ihn Salmond 21-mal. Genauso oft blieb Darling die Antwort in der verbleibenden Zeit schuldig. Die Hinweise auf einige törichte Behauptungen aus Darlings Lager – die Schotten müssten zum Beispiel nach der Unabhängigkeit auf der rechten Straßenseite fahren – hätte sich Salmond allerdings sparen können. Darling bemerkte trocken, er habe geglaubt, hier würden Erwachsene diskutieren. Trotz der für ihn mies gelaufenen Debatte hatte Salmond vorgestern ein wenig Grund zur Freude: Nach einer neuen Umfrage des Guardian liegen die Befürworter der schottischen Unabhängigkeit nur noch 5 Prozentpunkte hinter den Gegnern. Die bisher Unentschlossenen wandern offenbar mehrheitlich ins Ja-Lager, und auf die will sich Salmond jetzt konzentrieren. Seine Anhänger freuen sich bereits auf den neuen Namen des ungeliebten Landes: „Former United Kingdom – FUK“.
Wirtschaftlich, da sind sich die Experten einig, wäre Schottland mit seinen Standbeinen Öl, Whisky und Tourismus durchaus überlebensfähig. Die SNP argumentiert, dass die Schotten nur durch die Unabhängigkeit die Regierung erhalten, die sie gewählt haben. Die regierenden Tories haben in Schottland nämlich nur ein einziges Unterhausmandat errungen – weniger, als es Pandas im Zoo von Edinburgh gebe, höhnte Salmond. Am 25. August hat er beim zweiten TV-Duell mit Darling noch mal die Chance, die Unentschlossenen für seine Sache zu gewinnen.