SAUGEN, DRÜCKEN, BEISSEN : Mein Mundschutz
Der Mundschutz ist aus blauem Plastik, hat 22 Euro gekostet und liegt seit Wochen unausgepackt auf der Kommode. „Fitting instructions inside“, steht auf der Verpackung. „Read carefully“. Auseinandergefaltet hat der Zettel DIN-A3-Format, er ist mehrsprachig und mit einer 8-Punkt-Schrift bedruckt.
Je nach Modell gelten unterschiedliche Anweisungen. Für alle gilt: Man lege eine Uhr mit Sekundenzeiger bereit, fülle einen Topf mit Wasser und bringe es zum Kochen. Dann wird’s kompliziert. Mein Modell, es heißt Gel Max, verlangt, dass das Wasser 30 Sekunden abkühlt, bevor ich das blaue Plastik 90 Sekunden hineinlege. Auf keinen Fall länger. Dann soll ich es mit dem Schaumlöffel herausholen und zwei Sekunden unter fließendes Wasser halten. Was zum Teufel ist ein Schaumlöffel?
Jetzt muss das Ding in meinen Mund. „Befeuchten Sie Ihre Lippen“, steht im Kleingedruckten, und dass ich die Plastikschiene mittig ausrichten soll, bevor ich zubeiße, zuerst mit den Backen-, dann mit den Schneidezähnen. Den Mund soll ich dabei schließen, zugleich soll ich mit den Fingern das Plastik an mein Zahnfleisch drücken. Und ansaugen soll ich das Ganze auch noch. Wie lange, das steht nicht in der Anleitung, nur, dass der Mundschutz danach ins Eiswasser muss, zwei Minuten lang.
Als ich die abgekühlte Schiene einsetze, rutscht sie mir von den Zähnen. Nach dem zweiten Anpassungs-Slapstick sitzt sie besser, sieht aber aus, als hätte ich sie durchgebissen.
Beim Training kriege ich kaum Luft. „Was ist mit der Nase?“, fragt die Trainerin. „So gut wie immer verstopft“, würde ich gern antworten, aber Reden ist sinnlos. Das Sparring macht viel Spaß, auch wenn ich mich jetzt nicht nur auf Haken und Geraden konzentrieren muss, sondern auch darauf, wie ich um das Plastik drumherum atme. Der Schlag, den ich kassiere, trifft meine Nase. CRISTINA NORD