piwik no script img

Archiv-Artikel

SACHSENS KOALITION STEHT Schwarz mit roten Punkten

Man kann mit Pauken und Trompeten verlieren und dennoch eine Wahl demokratisch gewinnen. In Sachsen haben sich das CDU und SPD schriftlich bestätigt. Jedoch können die sächsischen Sozialdemokraten dank der Wahlarithmetik jubeln. Nach 14 Jahren CDU-Alleinherrschaft könnten auf der Dresdner Politikbühne künftig nicht mehr allein das schwarze Parteibuch entscheiden, sondern richtige Argumente.

Doch so weit ist es noch nicht. Noch muss geträumt werden. Sieben zähe Wochen haben beide Seiten gebraucht, um das künftige gemeinsame Regierungsprogramm auszutarieren. Herausgekommen ist ein solide geschneiderter schwarzer Rock mit wenigen roten Punkten. Und weil es ein Einzelstück ist, gab es ihn auch nicht umsonst. 300 Millionen Euro zahlte der Steuerzahler zu, der ungefragt eine Erhöhung der Neuverschuldung hinnehmen musste. Das frische Geld soll vorrangig der Bildung und dem Mittelstand zugute kommen. Ob danach ein konstant-frischer Wind am Dresdner Elbufer wehen wird, bleibt fraglich. Die Sozialdemokraten zeigten sich bei den Koalitionsverhandlungen jedenfalls schon sehr flexibel, wenn man das böse Wort anpassungsfähig vermeiden will. Mit zwei Ministern sitzen sie nun Ende dieser Woche erstmals am Kabinettstisch und müssen dann kräftig einen ungewohnten Spagat üben: ministrabel sein und trotzdem so kämpferisch bleiben, wie es das langsam vergilbende Oppositionswahlprogramm einst versprach. Nicht wenige glauben, dass die SPD bei diesem Kunststück patzt und künftig noch flexibler wird. Am Ende droht Sachsen, das sich so lange als ostdeutsches Musterländle – nur ohne Alpen – sah, das Schicksal aller Bundesländer, in denen der Kompromiss vor der Vernunft regiert. Im Großen und Ganzen geht es weiter wie bisher. Nur deutlich langsamer.

GUNNAR SAFT