SACHSEN VERGEUDET MILLIONEN, UM SEINEN ATOMMÜLL LOSZUWERDEN : Gelbe Überraschungseier
Geht es nach der christlich-konservativen sächsischen Staatsregierung, könnte der sprichwörtliche Sankt Florian bald zum Nationalheiligen im Freistaat erhoben werden. „O heiliger Sankt Florian, schon unser Haus, zünd andre an!“, lautet die Bitte an den Feuerwehrpatron.
Was das Wissenschafts- und das Umweltministerium in Dresden schon ein rundes Jahrzehnt heftig bewegt, ist ein Haus im nahe gelegenen Rossendorf, genauer gesagt: eine Halle im ehemaligen Kernforschungszentrum. Noch genauer: 18 gelbe zylindrische Behälter in der Halle, die zusammen 951 Brennelemente des ehemaligen russischen Forschungsreaktors enthalten. Die sind nach ausführlicher Presseinformation zwar so sicher, dass sie unbeschadet aus 9 Meter Höhe oder mit 120 Stundenkilometern auf Beton plumpsen können oder sogar 800 Grad Hitze aushalten sollen. Und außen messen die Experten weniger Mikrosievert als bei einem Flug über den Großen Teich mit einem Passagierflugzeug der Marke Boeing.
Fragt sich, warum trotzdem Umweltminister Steffen Flath die sympathischen gelben Unkaputtbaren und noch einigen schwach radioaktiven Müll mehr unbedingt loswerden will. Irgendwie stören sie den Frieden des noch sympathischeren Forschungszentrums im Wäldchen bei Rossendorf denn doch. Schließlich hat er es nach der Wende mit Geschick erst auf die blaue Liste der Bund-Länder-Kommission und nun in die Leibniz-Wissenschaftsgemeinschaft geschafft. Wer über Reaktorsicherheit forscht, tut das ungern in unmittelbarer Nachbarschaft der Folgen.
Clean soll er werden, der noble Wissenschaftsstandort. Und Geld verschlingt die Lagerung in der dem Freistaat gehörenden Einrichtung schließlich auch. Zum Glück kann man sich in Dresden und Rossendorf auf das Entsorgungskonzept der Bundesregierung berufen. Der Heilige St. Florian hat längst ein anderes Haus gefunden, in Ahaus. Also lieber einmal den Schlamasseltransport selbst bezahlen – von den wahrscheinlichen Millionenkosten für Polizeieinsätze spricht im Freistaat Sachsen lieber noch niemand –, als in den nächsten 40 Jahren bis zu 90 Millionen Euro für die Lagerung hinzulegen. Das Bundesamt für Strahlenschutz muss ja genehmigen!
Könnte aber auch sein, dass die gelben Überraschungsei-Behälter eines Tages wieder nach Sachsen zurückgeschickt werden. Und der freieste aller Freistaaten müsste sie laut Vertrag zurücknehmen – zumindest dann, wenn bis zum Jahre 2036 kein Endlager in der Bundesrepublik gefunden worden ist. MICHAEL BARTSCH