: Rußlands Opposition will sich formieren
■ Gründungskongreß geplant. Lebed fordert Mitspracherecht bei Regierung
Moskau (dpa/AFP) – Der Wahlblock der „volkspatriotischen Kräfte“ mit dem Kommunisten Gennadi Sjuganow an der Spitze will ungeachtet seiner Niederlage bei der Präsidentenwahl weiterarbeiten und zu einer dauerhaften politischen Bewegung in Rußland werden. Dies beschloß die Führung des Blocks bei einer geschlossenen Sitzung am Samstag in Moskau. Voraussichtlich am 7. August soll ein Gründungskongreß abgehalten werden, um ein Programm und Statut zu verabschieden. Der ehemalige sowjetische Ministerpräsident Nikolai Ryschkow, der das Vorbereitungskomitee für den Kongreß leitet, ging davon aus, daß Sjuganow zum Chef der Bewegung gewählt wird.
Der Block der volkspatriotischen Kräfte, zu dem etwa 200 Parteien und Bewegungen zählen, habe noch nicht über eine mögliche Regierungsbeteiligung beraten, sagte Sjuganow. Wie es hieß, wurde auch nicht erörtert, ob der Block im russischen Parlament eine mögliche Kandidatur von Viktor Tschernomyrdin für das Amt des Premierministers unterstützen werde. Sjuganow sagte, der volkspatriotische Block wolle ein Schattenkabinett bilden.
Unterdessen erklärte der neue russische Sicherheitsberater Alexander Lebed, er wolle ein gewichtiges Wort bei der Regierungsbildung mitreden. Lebed räumte zwar ein, die Regierungsbildung sei generell „Sache des Premierministers“, bei der Ernennung der „starken“ Minister für Verteidigung und für Inneres sowie des Geheimdienstchefs müsse er aber konsultiert werden. Bereits in Kürze soll ein neuer Verteidigungsminister ernannt werden, kündigte er an. Kandidaten wollte er nicht nennen.
Wie der russische Fernsehsender RTR unter Berufung auf informierte Armeekreise am Samstag berichtete, erließ Präsident Jelzin ein Dekret zur Entlassung von Wjatscheslaw Tichomirow. Der General befehligt seit dem 3. Januar die russischen Truppen in Tschetschenien und gilt als Verfechter einer harten Linie im Konflikt mit der Kaukasusrepublik, der Friedensverhandlungen ablehnt. Das Verteidigungsministerium wollte die Information weder dementieren noch bestätigen.
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