Rundfunk-Gebühren: Weg mit den Ü-Wagen!
Die ARD rechnet mit ihrer eigenen Schrumpfung, andere prophezeien einen wahren Geldsegen. Wer hat recht? Und was passiert, wenn die Haushaltsabgabe kommt?
"In zehn Jahren werden wir nicht mehr das Geld haben, um das heutige Angebot aufrechtzuerhalten" - nein, hier spricht kein von Existenznöten geplagter Verleger. So sprach der Vorsitzende der ARD, Peter Boudgoust, nach der ARD-Intendantenkonferenz diese Woche in Frankfurt.
In manchen Blättern wird dagegen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch die Reform des Gebührenmodells ab 2013 ein warmer Geldsegen prophezeit: Eine Milliarde mehr als die heute rund 8 Milliarden Euro pro Jahr seien für ARD, ZDF und Deutschlandradio drin, wenn aus der bisher ans Gerät gekoppelten GEZ-Gebühr die Bezahlpflicht für alle Haushalte werde. Der Normalgebührenzahler kratzt sich ob solcher Widersprüche mit der Fernbedienung und fragt sich, was stimmt.
"Die Vorstellung, dass die von der Medienpolitik geplante Umstellung der Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe für Mehreinnahmen bei uns sorgt, ist abwegig", sagt Boudgoust, im Hauptberuf Intendant des SWR. Bestenfalls komme eine "schwarze Null" heraus, langfristig "stellen wir uns aber auf 15 Prozent weniger ein". Immerhin, für Günther Jauch reicht das Geld noch.
Doch wie sich die neue Rundfunkgebühr genau auswirkt, weiß derzeit niemand: Denn derart komplex rechnen kann nur eine alte Bekannte - die ungeliebte Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Und die ist längst noch nicht so weit mit Rechnen, auch weil diverse Details der schönen neuen Gebührenwelt von der Politik noch gar nicht genau geklärt sind. "Es gibt noch nichts Konkretes", heißt es auch bei der für die Ermittlung der Gebührenhöhe zuständigen unabhängigen Expertenkommission mit dem schönen Kürzel KEF.
Weil im Grunde jeder Haushalt gebührenpflichtig wird - und jedeR schließlich irgendwo wohnt -, sollte es zunächst mal mehr werden. Schließlich ist Schwarzsehen dann so gut wie ausgeschlossen. Bezahlt werden soll nach bisheriger Planung die heutige TV-Gebühr in Höhe von 17,98 Euro, die alle anderen Geräte (Radio, PC, Smartphone) mit einschließt.
Allerdings, und hierauf hebt der ARD-Chef ab, sind einige Vereinfachungen geplant: Für Zweit- und privat genutzte Ferienwohnungen muss ab 2013 nur noch ein Drittel - die heutige Grundgebühr von 5,76 Euro - bezahlt werden. Außerdem entlastet würden rund 1,5 Millionen Haushalte, die bislang mehrfach zur Kasse gebeten wurden. Überall dort, wo wegen eigener Einkommen offiziell selbst gezahlt werden musste (WGs, in der Wohnung lebende RentnerInnen oder Azubis), gilt ab 2013 der Grundsatz ein Haushalt - eine Gebühr. Darunter fallen auch Arbeitszimmer von FreiberuflerInnen, solange sie Teil der privaten Wohnung sind.
Ziemlich unberechenbar gestaltet sich ebenfalls, wie und vor allem wie viel am Arbeitsplatz gezahlt wird. Bislang, so die Koordination der Rundfunkpolitik der Bundesländer zuständige Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, überwiesen nur 40 Prozent der Unternehmen und Betriebe ihre Monatsbeiträge an die GEZ. Für alle "Betriebsstätten" soll ab 2013 nun eine gleichnamige Abgabe kommen - in Höhe der heutigen Grundgebühr und gestaffelt nach der Beschäftigtenzahl. Hier sind bislang nur Eckpunkte bekannt. Und ob der Wink mit der ermäßigten Gebühr die Zahlungsmoral erhöht, wie die Politik hofft, bleibt abzuwarten.
Die ARD hat sich in Frankfurt daher ein Sparmodell verordnet und mal wieder das Thema Kooperation entdeckt: Künftig heißen Technikinvestitionen bei den Sendern über 250.000 Euro "K-Projekte" und müssen zwingend in gemeinsam von mindestens zwei ARD-Partnern gestemmt werden, sagte Helmut Reitze, Intendant des Hessischen Rundfunks.
Auch sonst soll mehr Standardisierung bei Technik und Material sparen helfen: Teure Sendetechnik wie zum Beispiel Ü-Wagen wird es nicht mehr maßgeschneidert für jede einzelne ARD-Anstalt geben. "Wir haben uns auf drei verschiedene Standards für Radio-Ü-Wagen verständigt", so Reitze, beim Fernsehen soll es nur noch zwei Modelle geben. Einen dreistelligen Millionenbetrag will die ARD durch solche interne "Harmonisierung" langfristig einsparen.
Apropos Ü-Wagen: Die gleichnamige, früher mal legendäre WDR-Radiosendung, mit der sich der öffentliche-rechtliche Rundfunk tatsächlich unters Gebühren zahlende Volk traut, wird trotz diverser Proteste Ende 2010 eingestellt. Das hat aber nix mit der Gebührenfrage zu tun: "Hallo Ü-Wagen" sei nicht mehr zeitgemäß und die Hörerzahl rückläufig, so der WDR.
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