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Runder Tisch: Jegliche Medienzensur verbieten

■ Medienkontrollrat, Informantenschutz und öffentlich-rechtliche Anstalten gefordert / Bald Fonds für Druck- und Papierkapazitäten

Ost-Berlin (dpa) - Jegliche Medienzensur soll in der DDR verboten und das uneingeschränkte Recht der DDR-Bürger auf Meinungsfreiheit sowie freier Zugang zu Informationen gewährleistet werden. Das sieht ein Beschlußentwurf vor, der gestern vom runden Tisch in Ost-Berlin angenommen wurde. Er soll der Volkskammer zugeleitet werden und bis zu einem Mediengesetz als Übergangsregelung dienen. Ferner soll ein Medienkontrollrat geschaffen werden, dem alle Vertreter der am runden Tisch sitzenden Parteien und Gruppierungen angehören.

In dem Beschluß heißt es, „jeder Bürger hat das Recht auf freie Meinungsäußerung“. Das schließe ein, sich um Informationen und Ideen aller Art, „ungeachtet der Grenzen“, zu bemühen. Das Recht auf „wahrhaftige, vielfältige und ausgewogene Information durch die Massenmedien“ sowie das Recht auf Gegendarstellung bei Tatsachenbehauptungen sei zu gewährleisten.

Rundfunk, Fernsehen und 'adn‘, die bisher faktisch der SED unterstanden, sollen nach dem Beschlußentwurf unabhängige öffentliche Einrichtungen sein, „die nicht der Regierung unterstehen. Sie sind Volkseigentum. Bis zu ihrer Umgestaltung in öffentlich-rechtliche Anstalten garantiert der Staat ihre Finanzierung“. Ein Medienkontrollrat soll die Eigenständigkeit der DDR-Medien unter anderem durch Zustimmung bei einer Eigentumsbeteiligung von Ausländern sichern. Ihm sollen auch die Generalintendanten von Rundfunk und Fernsehen sowie der Generaldirektor von 'adn‘ berichtspflichtig sein.

Jeder soll Zeitungen, Zeitschriften und andere Publikationen herausgeben dürfen. Der Ministerrat solle sofort „im Interesse der Chancengleichheit einen öffentlich kontrollierten gesellschaftlichen Fonds für Druck- und Papierkapazitäten“ schaffen. Die Lizensierung im Bereich der Druckmedien sei aufzuheben.

Die Journalisten sollen das Recht erhalten, „alle ihnen notwendig erscheinenden Informationen einzuholen. Sie sind nicht verpflichtet, die Quellen ihrer Informationen offenzulegen. Ausnahmen sind nur durch gerichtliche Entscheidungen zulässig“. Die staatlichen Organe, Betriebe sowie Parteien und Organisationen sollen verpflichtet werden, „den Medien alle Auskünfte zu erteilen, die für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben und eine wahrheitsgetreue Information erforderlich sind“.

Es soll verboten werden, die Medien für Kriegshetze, Aufrufe zur Gewalt, zum Rassen-und Völkerhaß sowie für militaristische, faschistische, revanchistische und andere anti-humanistische Propaganda „zu mißbrauchen“.

Die SED-PDS, die durch einen Vorstandsbeschluß den Großteil ihrer Zeitungen und Verlage in Volkseigentum umgewandelt hat, erklärte sich am runden Tisch bereit, bis zum 31.März auch ihre ehemaligen Zeitungen weiterhin zu subventionieren. Ab dann sollten die Zeitungen zu kostendeckenden Preisen verkauft werden, damit sie wirklich unabhängig sind, hieß es. Das Meinungsmonopol ist ihrer Meinung nach seit Wochenbeginn „eigentlich vorüber“.

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