Ruhrfestspiele und DGB : Keine Kohle mehr für die Kunst
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Probleme. Nicht nur politisch, auch kulturell. Als im harten Nachkriegswinter 1946/47 Hamburger Theatermenschen ins Ruhrgebiet kamen, um Kohlen für die Aufrechterhaltung ihrer Spielbetriebe zu erbitten, machten die Kumpel in Recklinghausen aus der Not eine Tugend und halfen. Das Motto „Kohle für Kunst - Kunst für Kohle“ und die Ruhrfestspiele waren geboren: Der DGB hatte sein Kulturfest, dass natürlich immer am Tag der Arbeit eröffnet wird.
KOMMENTAR VONPETER ORTMANN
Von dieser konstruktiven Haltung haben sich die Gewerkschafter weit entfernt. Schon bei der ersten Vorstellung des Programms schlug Frank Castorf verdeckt blanker Hass entgegen. „Ist das der Kasper aus Berlin?“ Auf diesem Niveau wurde in der Reihe hinter mir flüsternd diskutiert. Die Damen und Herren Gewerkschafter können heute wohl ein gesellschaftskritisches Theater, das sich mit Arbeitslosigkeit, schweigend hingenommenem Sozialabbau und steigender Armut beschäftigt, nicht mehr ertragen. Den Spiegel, in dem sie sich betrachten müssten, wollen sie schnell zerschlagen.