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Rücktritt in PotsdamMinister stürzt über geklauten Laptop

Brandenburgs Innenminister Rainer Speer (SPD) wirft das Handtuch. Auf seinem geklauten Macbook fanden sich zu viele pikante Informationen.

Da hatte er sein Macbook noch: Rainer Speer vor Beginn einer Landtagssitzung. Bild: dpa

BERLIN taz | Tut ers oder tut ers nicht? Seit Tagen gab es in Potsdam keine andere Frage als die, ob Brandenburgs Innenminister Rainer Speer (SPD) zurücktritt oder nicht. Als der 51-Jährige am Donnerstag kurzfristig zu einer Pressekonferenz einlud, stand fest: Er tut es. Die Affäre um den Verkauf eines Kasernengeländes in Potsdam hätte er vielleicht aussitzen können. Die Presseberichte über angeblich nicht gezahlte Unterhaltsleistungen für ein uneheliches Kind aber führten wohl zur Demission.

Mit Speer verlässt ein Minister die rot-rote Landesregierung, der als der einzige Vertraute von Ministerpräsident Matthias Platzeck (ebenfalls SPD) gilt. Speers Karriere begann unmittelbar nach der Wende. Schon 1990 arbeitete der gelernte Betriebsschlosser in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Manfred Stolpe. Danach war er fünf Jahre lang Staatssekretär im Umweltministerium von Matthias Platzeck. In der rot-schwarzen Koalition mit der CDU zog der hemdsärmlige Macher als Leiter der Staatskanzlei und später als Finanzminister die Fäden.

Gleich nach seiner Ernennung zum Innenminister im November 2009 legte sich Speer, dessen bevorzugtes Kleidungsstück eine Basecap ist, mit der Brandenburger Polizei an. Um 1.980 Stellen zu streichen, wollte er zahlreiche Wachen aufgeben. Vor allem die CDU stilisierte ihn mehr und mehr zum Sicherheitsrisiko für Brandenburg. Das alles wäre, als Oppositionsgedöns, am schwergewichtigen Speer abgeprallt.

Doch dann berichtete der Stern Ende September davon, dass das Land ein Kasernengelände in Potsdam im Juli 2007 deutlich unter Wert verkauft habe. Verantwortlich dafür war Rainer Speer, damals noch Finanzminister in der großen Koalition. Weil Speer die Vorwürfe bislang nicht klären konnte, besteht die Opposition auf einem Untersuchungsausschuss.

Den Ausschlag für den Rücktritt aber gab die Laptop-Affäre. Im vergangenen Oktober verschwand Speers Mac aus dem Dienstwagen - und bald schon tauchten erste private E-Mails bei der Springer-Presse auf. Anbieter soll eine Rockerbande gewesen sein. Speer suchte sein Heil in der Vorwärtsverteidigung und erwirkte noch am Montag eine Unterlassung gegen die Bild-Zeitung. Da aber standen die Vorwürfe mit dem unehelichen Kind bereits im Raum.

Mit Speers Demission hat Ministerpräsident Platzeck ein Problem. Auf die Forderung von CDU, Grünen und FDP, er müsse seinen Innenminister entlassen, reagierte Platzeck vor kurzem mit einer Ehrenerklärung: Rainer Speer, sagte er, sei "restlos unbestechlich." Beobachtern zufolge hat Platzeck damit seine politische Glaubwürdigkeit ohne Not an das Schicksal seines Weggefährten geknüpft.

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11 Kommentare

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  • GM
    Georg Maier

    Vorwürfe wegen eines unehelichen Kindes? Was ist jetzt daran so schlimm?

  • M
    mir

    Beruflich genutzte Laptops müssen vollständig verschlüsselt sein. Alles andere ist grob fahrlässig.

  • BM
    Bernd Mehrens

    Endlich mal sympathische Diebe!

  • S
    Sikasuu

    Ein, auch für Datensicherheit zuständiger, Innenminister, der sich einen Laptop mit UNVERSCHLÜSSELTER Festplatte klauen läst, ist ein Sicherheitsrisiko selbst als Kassenwart eines Kleingartenvereins.

    .

    Das auch noch mit einem Mac, bei dem im OS Kryptografie für das Homeverzeichniss fest eingebaut ist.

    .

    Auch ohne die anderen, mehr oder weniger strittigen Vorfälle, macht allein das O.a. Verhalten diesen Rücktritt mehr als nötig.

  • IH
    Ingo Henseke

    Bitte beachten Sie, dass die wieder und wieder verwendete Formulierung "ausgebildeter Betriebsschlosser" nur auf Speers Selbstdarstellung fußt. Richtig ist vielmehr: "Nachdem Speer 1978 in Falkensee das Abitur abgelegt hatte, begann er eine Lehre als Betriebsschlosser in den Buna-Werken, die er nicht abschloss." Siehe dazu auch http://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Speer

  • A
    audio001

    Irgendeiner sagte einmal: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!"- Ich neige zu der Auffassung, dass in eiener Zeit in der Moral in der Politik, zunehmend nur noch ein Schattendasein führt und gleichsam von "perönlichen" Interessen überlagert wird, der "Kontrolle" der Politik(er) ein hoher Stellenwert einzuräumen ist!

     

    Und es bleibt die Frage im Raum stehen: "Wie viel Vertrauen wir uns Bürger in einer Situation noch leisten können, in der immer weniger erkennbar ist, dass das Handeln der Politiker zweifelsfrei und ausschließlich den Interessen der Bürger dient?"

  • J
    Johannes

    Widerspruch: Herr Speer musste nicht zurücktreten, weil ihm sein Laptop abhanden kam - und auch nicht, weil er ein uneheliches Kind hat! Sondern wegen Sozialbetrugs im Zusammenhang mit diesem Kind, der ein juristisches Nachspiel haben wird.

  • VR
    Volker Rockel

    Mal ganz allgemein: Irgendwie scheinen politische "Überflieger" dem Land nicht gutzutun?- Manche verlieren sich in den weiten des Raums von Selbstgefälligkeit und Eitelkeit, andere verschwinden in einer eigenen (politischen) Welt, die nur noch schemenhaft mit der Realität des gemeinen Bürgers zu tun hat; und der eine oder andere mag hier und da auch schon mal eine eigene Trennlinie im Verständnis von Recht und Unrecht ziehen!?- Alles das, tut unserer Demokratie mit Sicherheit nicht gut!

     

    Gott sei Dank hilft die Schwerkraft: Auch "Überflieger" kommen irgendwann wieder ganz unten an!- Der eine früher, der andere später (und manche kriegen den Aufprall nicht einmal mehr mit!)...

  • S
    Sikasuu

    Ein Mac Laptop und dann die Platte nicht gekryptet :-)

    .

    Unabhängig was da wirklich drauf war, so eein "Internetausdrucker" darf nicht Minister/ nicht einmal Gemeinderat werden.

    .

    Gutachten gespart sagt man hier bei uns.

    Gruss Sikasuu

  • T
    Tomate

    Seine Daten auf Laptop und USB-Stock kann man auch gegen Diebstahl sichern - mit einem ganz einfachen Programm, wenn man das Prinzip einmal verstanden hat. OpenSource & Freeware, und läuft natürlich auch auf Apfel-Computern (aber wer kauft schon sowas? ;)

     

    TrueCrypt (OpenSource, http://www.truecrypt.org/)

     

    Und hier die Anleitung für den Schnelleinstieg. Für den normalen Benutzer reicht dies: http://www.mediauser.de/anleitung-festplatte-mit-truecrypt-verschluesseln/ ...

     

    -> ... und gleich zum Absatz "TrueCrypt Container erstellen" runterscrollen. Die Beschreibung ist für eine ältere Version, funktioniert aber auch bei der neuen.

     

    Um die Daten dann dennoch zu knacken, bräuchte man schon James-Bond-Methoden ...

  • T
    Tomate

    Wieder eine schmutzige und kriminelle Intrige, die zum Erfolg geführt hat. Und wieder mal zeigt der Springer-Verlag, welch segensreiche Rolle er in unserer Gesellschaft spielt ...