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Rücknahme von Zusagen befürchtetBei G 8 gerät Afrika in Vergessenheit

Angeblich soll der G-8-Gipfel in Japan die Beschlüsse von 2005 aufkündigen, bis 2010 die Afrikahilfe zu verdoppeln. Deutschland steht zu der 2007 bestätigten Zusage.

Japans Heiligendamm: G8-Tagungshotel in Toyako Bild: dpa

Auf dem Gipfel der sieben größten Industrienationen plus Russland (G-8-Staaten) in Japan nächste Woche droht ein beispielloser Rückschritt. Wie die Financial Times berichtet, soll im derzeit vorliegenden Entwurf der Abschlusserklärung die seit dem Gleneagles-Gipfel 2005 gültige Zusage, die Entwicklungshilfe für Afrika bis 2010 um 25 Milliarden Dollar jährlich zu erhöhen und damit zu verdoppeln, gestrichen werden. Die Zusage, die zuletzt 2007 beim G-8-Gipfel von Heiligendamm erneuert wurde, sei nur noch in allgemeiner Form enthalten, ohne Zahl. Bei der Zusage, HIV-Infizierten und Aidskranken allgemeinen Zugang zu medizinischer Versorgung zu gewährleisten, sei die bisher gültige Zielmarke des Jahres 2010 gestrichen worden.

Sollten diese Absichten Bestand haben, wären damit die Versuche der letzten Jahre gescheitert, die Runde der reichsten Industrienationen zu einem führenden Gremium bei der Lösung globaler entwicklungspolitischer Fragen weiterzuentwickeln. Ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums konnte den Bericht auf Anfrage nicht bestätigen. "Wir stehen absolut zu den Zusagen von Gleneagles und Heiligendamm", sagte er zur Haltung der Bundesregierung. Allerdings ist die Umsetzung der Zusagen in Deutschlands Bundeshaushalt derzeit nicht sicher.

Kritiker beklagen, die G-8-Staaten würden ihre Zusagen sowieso nicht einhalten. Zwischen 2004 und 2007 sei die geleistete Entwicklungshilfe für Afrika um lediglich 3 Milliarden Dollar erhöht worden, gegenüber einer Selbstverpflichtung von 21,8 Milliarden, errechnete die unabhängige Organisation "Data" kürzlich in ihrer jährlichen Bilanz der G-8-Afrikapolitik. "Daher müssen zur Umsetzung des Ziels bis 2010 jetzt anstatt einer Erhöhung von nur 1 Milliarde pro Jahr, wie sie von den G 8 kollektiv in den vergangenen drei Jahren geleistet wurde, über die nächsten drei Jahre durchschnittlich Zuwächse in Höhe von 6,7 Milliarden Dollar pro Jahr erbracht werden", warnt die Organisation.

Die USA und Großbritannien seien Spitzenreiter bei der Einhaltung der Gleneagles-Ziele für Afrika und dürften diese bis 2010 auch erfüllen, so Data; Deutschland und Italien würden kräftige Erhöhungen vornehmen, Japan "hielt seine äußerst bescheidene Zusage ein" und Kanada, Frankreich und Japan hätten ihre Afrikahilfen sogar reduziert, heißt es weiter. Deutschland habe seine Entwicklungsleistungen an Afrika südlich der Sahara im Zeitraum 2004 bis 2006 jährlich um 6,9 Prozent erhöht - Schuldenerlasse nicht mitgerechnet, entgegen der Zählweise der Bundesregierung - und 2007 um 13 Prozent oder 250 Millionen Euro. "Für 2008 sind weitere begrüßenswerte Erhöhungen geplant, doch um das Ziel für 2010 zu erreichen, müssen diese jährlichen Erhöhungen dringend anwachsen", so Data.

Auch das vor zwei Jahren von Großbritannien als Think-Tank zur Diskussion der Gleneagles-Zusagen ins Leben gerufene "Africa Progress Panel", dem unter anderem Kofi Annan, Nigerias Expräsident Olusegun Obasanjo, Nobelpreisträger Mohammed Yunus und andere eminente Personen angehören, äußerte unlängst in seinem "Afrika-Fortschrittsbericht 2008" Kritik an den G-8-Staaten. Diese hätten zwar ihre Hilfen erhöht, würden aber nach wie vor keine verlässliche Planung vorlegen, mit der die afrikanischen Partner arbeiten könnten. "Jedes G-8-Land sollte einen detaillierten Rahmenplan über die Verfügbarkeit von Geldern vorlegen sowie darüber, wann und wie geleistete Zusagen erfüllt werden", verlangte das Panel. "Diese Information sollte unmittelbar vor oder nach jedem Gipfel erfolgen."

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1 Kommentar

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  • WP
    Wolfgang Pittroff

    Leider ist Geld nicht das Problem in Afrika. Egal wieviel da reingepumpt wird, 70% geht zurueck zu den Gebern in Form von 'Projektkosten' (die natuerlich exoarbitante Gehaelter fuer meistens inkompetente und/oder zynisch-demotivierte 'Experten' einschliessen), und der Rest landet auf Privatbankkonten, vornehmlich in der Schweiz. Falls also endlich diese unsinnige Geldmaschine gestoppt wird, werden das die Aermsten der Welt garnicht merken. Ausserdem brillieren insbesondere afrikanische Regierungen in der Kunst, ihre Laender in der Gruppe der 'aermsten Laender der Welt' zu halten - wuerden sie die je verlassen, waere es ja vorbei mit der Stuetze und den fetten Konten der Elite in der Schweiz. Also sollten wir unsere Entruestung dort zum Ausdruck bringen, wo es sich wirklich lohnt, zB bei der Bestimmung von Handelsbedingungen und den Auswirkungen der EU Agrarsubventionen auf Afrika.

    MFG, W Pittroff