■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Schmerzensgeld für RB-Chef
Manche Arbeitgeber bezahlen ihre Angestellten nicht nur mit (wenig) Geld, sondern auch mit Liebe. Andere Arbeitgeber haben wenig Liebe auf dem Konto, deshalb bezahlen sie ihrem Führungspersonal mehr Geld. In solch einer Situation ist unser Heimatsender Radio Bremen (RB): Der zahlt dem neuen Intendanten Heinz Glässgen Schmerzensgeld.
240.000 Mark soll Glässgens Vorgänger Karl-Heinz Klostermeier bekommen haben. Dafür hielt er den Kopf hin bei ARD-Konferenzen und steuerte den kleinsten ARD-Sender durch manche Finanzkrise. In der Tabelle der Intendanten rangierte sein Jahreseinkommen am unteren Ende. Dass auch die Anstalt dort ankommt, erlebte Klostermeier nicht mehr als Intendant. Er war schon in den verdienten Ruhestand getreten, als die echten Probleme begannen.
Mit rund 50 Millionen Mark muss RB mehr als ein Viertel seines Etats einsparen. Diese harte Nuss muss jetzt der Klostermeier-Nachfolger Heinz Glässgen knacken, der vom NDR in Hamburg nach Bremen gekommen ist. Und für den vom Kulturchef beim großen Nachbarn zum Herrn Intendanten beim Krisensender Radio Bremen Aufgestiegenen gilt: Fast egal, was er macht, neue Freunde gewinnt er dadurch kaum. Weil er einen eher chaotischen Stil pflegt und mit Informationen so spärlich umgeht wie das russische Militär, ist es auch so gekommen: Die Angestellten schimpfen, die Hörer schimpfen, und selbst die Unterweser-Konferenz schimpft.
Der Verwaltungsrat des kleinen Senders hat das vorausgeahnt und dem neuen Chef deshalb etwas mehr genehmigt. Zunächst wurde Glässgen das Büro renoviert. Dann bekam er einen Carport und, so erzählt man sich im Sender, ein eigenes Klo, damit er das Geschimpfe nicht auch noch bei stillen Geschäften hören muss. Schließlich wurde das Intendantengehalt um 15.000 Mark aufgestockt.
Ich bin mir nun gar nicht sicher, ob ich bei meinem Chef auch Schmerzensgeld beantragen soll oder doch lieber weiter von Luft und Liebe lebe, rätselt
Ihre Rosi Roland
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