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Archiv-Artikel

Rolf Hiller, Mitbegründer der Nordischen Filmtage Der Purist

„In diesem Jahr sind sie ganz wild auf mich“, sagt Rolf Hiller und klingt dabei durchaus befriedigt. Schließlich war er 1956 als Vorsitzender der Filmclubs Lübeck einer der Gründer der „Nordischen Filmtage“. Die waren damals nur Beiprogramm zu einem Treffen skandinavischer und deutscher Politiker – nun feiern sie 50. Jubiläum als bedeutendstes Festival des nordisches Films außerhalb Skandinaviens.

„Wir waren jung und furchtbar aktiv“, sagt Rolf Hiller über sich und seine Cineasten-Freunde. Und sie waren Ehrenamtler; hauptberuflich war Hiller Apotheker. Doch die Lübecker hatten gute Kontakte zu skandinavischen Filmjournalisten, die sie auf die wichtigen Filme aufmerksam machten. Und sie waren unbekümmert: Als die Selbstkontrolle der Filmwirtschaft erfuhr, dass man in Lübeck die sehr freizügige Verfilmung von Henry Millers „Stille Tage von Clichy“ zeigen wollte, schickte der Leiter ein Telegramm, um sie zu stoppen. Doch Hillers Freund zeigte es ihm erst, nachdem der Film vor vollem Haus gelaufen war.

Trotz allen Pioniergeists: Dass bereits damals Produzenten vor allem den Markt im Auge hatten, dass die großen Festivals Cannes und Berlin immer Vortritt hatten – das verklärt Hiller nicht. Die Schweden, so erinnert er sich, waren auf dem Filmmarkt sowieso schon stärker, doch die Norweger waren glücklich, in Lübeck ein Forum zu finden. Viele der Großen, bekannt oder noch unbekannt, kamen und kommen in die Stadt, um mit dem Publikum zu diskutieren: Lars von Trier, Aki und Mika Kaurismäki, Lasse Hallström und Bille August.

Rolf Hiller hat sich 1971 zurückgezogen. Die Stadt Lübeck übernahm die Regie der Filmtage, er fühlte sich „herausgedrängt“. Statt der sieben Mitarbeiter sind es heute 70 und statt der 215.000 Mark, mit der sie zwölf Festivals bestritten, gibt es heute 600.000 Euro für ein einziges. „Wir wollten nicht so überlange Reden, keine Jury und keine Preise“, sagt Hiller. Die Vor- und Nachempfänge in der Lounge sind nicht sein Ding. Aber zu der Dokumentation über die Geschichte seiner Filmtage „Allen zu gefallen – ist unmöglich“, da wird er hingehen. FRIEDERIKE GRÄFF

Fotohinweis:ROLF HILLER, 80, Mitbegründer der Nordischen Filmtage und Apotheker. Das Festival betreute er ehrenamtlich. Foto: DPA