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RestaurantstreitMcDonalds im Feindesland

Die Fastfoodkette am Dienstag klammheimlich eine Filiale im S-Bahnhof Sternschanze bezogen. Die Scheiben sind dicker als normal, ein privater Wachdienst ist engagiert.

Für manche ein Schandfleck: In der Schanze hat still und heimlich ein McDonalds eröffnet Bild: Miguel Ferraz

Man sieht es am Müll: Seit Dienstag hat im S-Bahnhof Schanze eine Filiale der US-amerikanischen Fastfoodkette McDonalds ihren Betrieb aufgenommen. Es handelt sich um einen "Satellite", wie das bei McDonalds heißt, mit zehn Mitarbeitern im Schichtdienst. Also kein "Restaurant" mit Sitzplätzen, sondern Essen im Stehen und Gehen.

Es gibt zwei Eingänge, einer zum Bahnhof hinein, einer zur Schanzenstraße. Normale Filialeröffnungen sehen anders aus. Mit Ronald McDonald, einer lustigen Figur, die mit den Kindern Späße macht, und tollen Eröffnungsangeboten. "Wir wissen, dass es da eine linke Szene gibt", sagt Konzernsprecherin Regina Klausch, "da wollten wir keinen großen Rabatz machen. Es war auch alles ganz ruhig." Am Dienstag. Auch Dank eines großen Polizeiaufgebots.

Polizei war auch am Mittwoch da, als gegen 20 Uhr Demonstranten den Laden mit einem großen Transparent verschlossen, so dass diejenigen, die drin waren, nicht raus kamen, und diejenigen, die rein wollten, nicht rein kamen. Ein Polizeibeamter in Zivil, der zufällig im Laden war, funkte hektisch nach Verstärkung. Zwei Hundertschaften, so schätzen Augenzeugen, waren da gerade im Viertel unterwegs, um McDonalds vor den Anwohnern oder auch die Anwohner vor McDonalds zu schützen. McDonalds hat zusätzlich einen privaten Wachdienst engagiert. Das Glas der Scheiben ist, "wie bei allen Geschäften in der Schanze", sagt Klausch, "dicker als normal". Wer also ganz sicher gehen will, ist dort gut aufgehoben.

Am Donnerstag um die Mittagszeit ist der Laden mäßig voll. Schüler der Schule Altonaer Straße sind drin, Jugendliche gehen vorbei und tun so, als müssten sie sich übergeben. Fünf Angestellte in McDonalds-Uniform stehen im Laden und einer mit blauem Hemd. Nebenan hat auch die "Bullerei" des TV-Kochs Tim Mälzer eröffnet. Der "Adidas"-Laden, Schulterblatt 11, in den Räumen des Traditionsgeschäfts "Wiko-Lederwaren", steht kurz vor der Eröffnung. Nicht mehr lange, dann wird eine Filiale der Balzac-Kette bei "1000 Töpfe" ihr Süppchen kochen.

Auch das Sanitätshaus schräg gegenüber ist ausgezogen. Die betagte Hauseigentümerin, in ihrer Mietforderungen stets moderat, sah sich, von ihren Kindern auf die Entwicklungen in der Schanze aufmerksam gemacht, zu einer Mieterhöhung um 100 Prozent veranlasst. So viele Stützstrümpfe konnte das Sanitätshaus nicht verkaufen. Wie man hört zieht hier - na was wohl? - eine Modeboutique ein.

In der Schanze erzählt man das Gerücht, die Stadt Hamburg plane einen Fördertopf für gebeutelte Geschäftsleute in der Schanze. Wer hohe Prämien für seine Glasbruchversicherung zahlen muss, weil ihm ständig die Scheiben eingeschmissen werden, ohne dass die Polizei, deren Aufgabe die Verhinderung derartiger Vorkommnisse ist, etwas dagegen tun kann, soll von der Stadt, die in der Tat ein großes Herz hat, entschädigt werden. "In den Genuss werden wir nicht kommen", fürchtet McDonalds-Sprecherin Klausch.

Die Schanzen-Gastronomie sieht die neue McDonalds-Filiale gelassen. "Sind keine Konkurrenz für uns", sagt Marcus Peters, Betriebsleiter von "Schmitt Foxy Food", Schulterblatt 70. Geschäftsführer Marc Pagel erklärt: "Unsere Pommes sind geiler."

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4 Kommentare

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  • A
    AstraFan

    Auch heute und die nächsten Tage geht es wieder auf die Strasse zur Kundgebung gegen Mc Donald..s in der Schanze! Lasst uns zu einer großen Bewegung werden... Laut, kraftvoll und kreativ.

     

    Also alle jeden Tag: HIN DA! Wie immer ab 18 Uhr!

     

     

    Hier nochmal der Aufruf:

     

    Wir können nicht soviel essen wie wir kotzen wollen!!!

     

    Bis vor einigen Jahren konnte man noch durch das Schanzenviertel gehen ohne von überflüssigen Produkten und übertriebenen Preisen erschlagen zu werden. Mensch konnte auch mit wenig oder keinem Geld am kulturellen Leben teilnehmen. Die Schanze war ein Ort der Alternativen zur kapitalistischen Restwelt bot. Mittlerweile beobachten und die Schergen mit Überwachungskameras zum Teil aus Privatwohnungen, Geschäften und auf allen öffentlichen Plätzen, denn Ihre neu gebaute Welt soll nicht gestört werden. Szenelounges und Labels Verdrängen Läden, die von Nutzen für Anwohner und deren alltägliches Leben sind.

    Wer hat von unserem Tellerchen gegessen?

     

    Wie viel soll im Schanzenviertel eigentlich noch konsumiert werden?

    Menschen die seit Jahren hier wohnen, werden durch Mietpreiserhöhungen aus Ihren Wohnungen und ihrem Lebensraum vertrieben. Dafür sollen junge Menschen mit entsprechendem „Kleingeld“ einziehen, die jeden Abend für 50 € Essen gehen und mindestens drei Mal pro Woche neue Klamotten kaufen. Dementsprechend soll es auch aussehen, Graffitis und Straßenkunst werden entfernt und zerstört, zum Teil verkauft und die sogenannte „Aufwertung und Verschönerung“ der Gebäude wird vorangetrieben.

    Wo die Reichen sich dann im Konsum ungestört baden sollen…

     

    Die Kirsche auf Eurem Sahnetörtchen…

    …ein Mc Donald..s am S-Bahnhof Sternschanze. Auch das noch…

    Nicht das wir schon genug Lokale zum vollstopfen hätten. Jetzt auch noch eins, was seine Arbeitnehmer ausbeutet, die Gentechnik und Massentierhaltung vorantreibt und sich einen Scheißdreck um Umwelt und Klima kümmert.

    Ein Vorzeigekonzern der nur am Kapital und nicht an den Menschen interessiert ist.

     

    Weder an denen, die in unmenschlichen Verhältnissen für Mc Dreck arbeiten, noch denen deren Existenzen durch diese Filiale in der Schanze bedroht werden. Noch ein Imbiss an diesem Standort ist total überflüssig und wird früher oder später diejenigen, die dem Preiskampf nicht standhalten können, verdrängen.

     

     

    Wir sind das Haar in der Suppe…

     

    ..da wir und kreativ und emanzipatorisch gegen Kapitalismus und

    Gentrifikation wehren werden.

     

    Wir wollen kein Mc Donald..s in der Schanze und nirgendwo…

     

    Denn wir sind längst satt.

     

    WIR werden das nicht einfach hinnehmen…

     

    Lasst und die Schanze zusammen gestalten, so wie WIR es wollen!

     

    Volxküchen statt Mc Donald..s!

     

    Kundgebung jeden Tag ab 18 Uhr Bahnhof Sternschanze

  • ML
    Michael Landfried

    Was war das denn??

    Eine Kopie Irans oder Chinas?

    Die gewaltsame, brutale Räumung des friedlichen Straßenfestes auf der Schanze durch Wasserwerfer von allen Seiten lößte Gegengewalt von einigen durchaus gewaltbereiten aus - nicht unverständlich!

    wo soll das enden?

    Die verantwortlichen Beamten müssen sofort entfernt werden und die Politik hat über alternative Möglichkeiten nachzudenken, die Gewalt gar nicht erst aufkommen lassen - und nicht ein uniformiertes Heer auffahren lassen, was die Bevölkerung terrorisiert!

     

    Eine nachhaltigere Neuauflage der 68-Revolte wird immer nötiger - nachdem u.a. auf der Schanze mit staatlicher Gewalt gezeigt wird, das nur gefeiert werden darf, wenn der Kommerz nicht zu kurz kommt!

  • P
    Peter

    Wir langzeitarbeitslose und schwervermittelbare Hartz-4-Empfänger vor dem Kiosk Amandastraße freuen uns alle über den McDonalds im Schanzenbahnhof.

     

    Jetzt müssen wir uns bei Regen nicht mehr gegenüber bei REWE im Eingangsbereich unterstellen, sondern können uns gemütlich bei McDonalds hinsetzen - mit einem heißen Cappucino für nur einen schlappen Euro!

  • PM
    P. Maurer

    Nun, auf Balzac kann ich verzichten, ebenso auf den Adidas-Laden. Allerdings wohne ich mitten auf dem Schulterblatt und kenne die genannte Vermieterin. Das sie die Miete erhöht hat, ist falsch. Der Besitzer des Sanitätswarenladen geht in den Ruhestand, weil er hier keine Stützstrümpfe verkaufen kann - denn es gibt hier keine alten Menschen mehr. Und junge Anarchos habe ich dort noch nie etwas kaufen sehen. Der Laden hat also schlichtweg keine Kunden mehr, so dass sich das Geschäft nicht lohnt. Wir sind selber Mieter der betreffenden Dame und haben ebenfalls keine Mieterhöhung erhalten. Der Adidasladen hat den Taschenladen übrigens nicht vertrieben, die einstigen Besitzer haben das Geschäft an Adidas vermietet. Sie wiesen sogar über ausgehängte Plakate darauf hin, dass mutwillige Zerstörungen im Sinne des "Kampfes gegen das Kapital" nur den alten Besitzern schaden. Auf der Schanze ist längst nicht alles toll - aber es wäre ehrlicher, hier die Wahrheit zu schreiben. Uns Anwohnern geht der Straßenkampf übrigens gehörig auf die Nerven. Alle die, die da unten für die Schanze kämpfen, sind uns nämlich unbekannt. Es geht da nicht wirklich um den Schutz der Viertels, sondern um Randale.