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Restaurant hilft ObdachlosenTom kha gai für die Straße

Jeden Tag gibt es beim asiatischen Restaurant Bok in Ottensen eine Portion Reis zum Mitnehmen - aber nur für Obdachlose. Bei denen hat sich das Angebot herumgesprochen.

Täglich frisch: Bok-Reis für Obdachlose Bild: Ochoa

HAMBURG taz | In Korea wird viel Reis gegessen, in Deutschland eher nicht. Doch Shin Won Kang arbeitet daran, das zu ändern. Der koreanische Inhaber der Bok-Restaurants in Hamburg lässt Essen an Obdachlose verteilen.

"Wir machen jeden Morgen zirka 15 Portionen fertig", erzählt sein Mitarbeiter Rai Chandra. Der Nepalese steht an einem dampfenden Reistopf und befüllt Plastikbehälter. Die stellt er dann von 11.30 Uhr bis ungefähr 12 Uhr auf einen Tisch der Restaurant-Terrasse in Ottensen. Ein Schild erklärt, dass diese Portionen für die Obdachlosen seien. Darunter steht die höfliche Bitte, nur eine Portion pro Person mitzunehmen. "Naja, ist ja gerade kein Schiedsrichter da", sagt eine Obdachlose und nimmt sich zwei Portionen, während Chandra kurz drinnen ist. Heute gibt es etwas Kokossuppe (tom kha gai) mit Reis und obendrauf Salat.

Einige Obdachlose kommen hier öfters her, Jürgen Emmel allerdings nur, wenn er hier in der Nähe ist. Der 58-Jährige lebt derzeit in Sülldorf. Dort wartet er seit zwei Jahren auf eine eigene Wohnung. Derzeit teilt er sich zu zweit ein Zimmer mit Dusche und Küche. Er ist allerdings zuversichtlich, dass er bald was bekommt

Durch den Aushang an der Tür wurde Emmel auf die Essensausgabe aufmerksam. Andere erfuhren es durch Mundpropaganda. Am Anfang machte Bok noch Werbung, aber inzwischen ist das nicht mehr nötig. "Ich find es gut, dass wir Essen verteilen", sagt Tommy Benke. Er steht neben dem Tisch auf der Terrasse und stößt bei jedem Atemzug kleine Wolken aus. "Damit helfen wir den obdachlosen Menschen und machen sie vielleicht etwas glücklich."

Benke arbeitet seit 2008 bei Bok, stolz erzählt er von der Geschichte des Restaurants und von Mama Kang - der Gründerin der Bok-Kette. Er ist überzeugt, dass eine gute Tat irgendwann zurückkommt. "Das sagt man so im asiatischen Glauben."

Josef Laupheimer vom Caritasverband für Hamburg e.V. ist überrascht über das Essensangebot: "Mir sind keine weiteren Restaurants bekannt, die Essen ausgeben", sagt er. Es gäbe die Kirchengemeinden und Tagesaufenthaltsstätten, die Mahlzeiten verteilen. Ein Restaurant, das fertige Portionen verteilt, sei ihm neu. "Ich finde das gut und werde mir das bei Zeiten mal ansehen", sagt Laupheimer.

Auch dem Sozialarbeiter der Tagesaufenthaltsstätte des Diakonischen Werks Hamburg, Nikolas Borchert, sind keine weiteren Fälle bekannt. Das Diakonische Werk sei "die traditionellste Einrichtung" sagt er. Seit ungefähr 50 Jahren verteilt sie Mahlzeiten an Obdachlose, inzwischen sind es bis zu 200 am Tag. Essensspenden sind gerne gesehen, doch lediglich versiegelte, nicht angebrochene und haltbare Nahrung kann entgegengenommen werden.

Diese Voraussetzung mag auch ein Grund dafür sein, dass so wenige Restaurants spenden. Bereits gekochte Ware in den Tagesstätten anzubieten, sei schwer zu verantworten, sagt Borchert. "Nachher war die Milch schlecht, oder die Eier faul." Doch auch er begrüßt die Aktion der Bok-Restaurants.

"Das Essen hier ist frisch", sagt Chandra, "vom Morgen oder aus dem Kühlschrank vom Vorabend." Das Wort "Bok" ist übrigens koreanisch und bedeutet "Glück".

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12 Kommentare

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  • SK
    Shin-won Kang

    Das Essen Verteilen an Obdachlosen sollte keine Promotion sein. Ich( vor allem meine Mitarbeiter natürlich) mache(n) diese Aktion viel länger. Dass ein Bericht erst jetzt erschienen ist, ist ein kleiner Beweis dafür. Solche Aktionen (ich würde hier viel mehr von Gewohnheiten sprechen) sind in Korea üblich, fast selbstverständlich, deshalb nicht redenswert. Im Gegensatz zu einer Privatperson, für uns ist das Essen Verteilen eine sehr leichte Sache. Alles (Material, Geräte, Köche) ist vorhanden. Wir müssen nur paar Minuten mehr unsere Arme und Beine bewegen. Auch deshalb nicht redenswert.

    Ich finde, der Staat kann nicht für alles verantwortlich sein. Dafür ist ein Staat viel zu gross und zu langsam.

    Lasst uns über Taten nicht so viel pro contra reden oder nachdenken, sondern einfach tun. Und wenn es einem nicht gefällt, dann bitte ich ihn, für einen Moment einfach Augen zu schliessen. Ich liebe das Wort "einfach".

  • A
    atypixx

    @ Dennis

     

    Da ist schon ne ganze Ecke Negativität in Deinen Zeilen und dazwischen, da liegt Christian Relling schon richtig.

  • D
    dennis

    du bist aber schnell beleidigt. wer hat denn hier gemeckert? ich hab gesagt, ich mag den laden und das umfeld nicht, aber ich finde die aktion lobenswert. dennoch hat sie für mich einen bitteren beigeschmack, weil es im endeffekt auch als pr-kampagne interpretiert werden kann. ist übrigens meine meinung, muss nicht deine sein. und ich werde nicht mit den leuten sprechen, weil es mir schlichtweg egal ist, was deren motive sind. finde es halt einfach nur bemerkenswert.

  • CR
    Christian Relling

    Interessant ist, das es hier wieder einmal in gegenseitigem "Du hast keine Ahnung" Kommentaren endet. Gentrifizierung ist ein sehr komplexes Thema und ich wehre mich ebenfalls dagegen. Hier geht es aber nicht um Gentrifizierung, sondern darum, dass jemand versucht Menschen in Not ein wenig zu helfen. Natürlich ist das eine primäre Aufgabe des Staates, aber wenn jemand sich dazu bereit erklärt es auf freiwilliger Basis zu unterstützen ist das im ersten Ansatz nicht schlimmes. Und bevor hier immer nur gegenseitige Vorwürfe und "Du hast ja keine Ahnung" Kommentare geschrieben werden sollte sich Mensch vielleicht mal dorthin begeben und mit den Betreibern sprechen um herauszufinden was die Motive sind. Dann kann auch gemeckert werden!

  • G
    guenter

    die schanze hat mit ottensen in dem fall zu tun, dass da auch ein bok steht. und das gentrifizierungskarussel mit seinen lustigen insassen hört ja numa auch nich auf sich weiterzudrehen.

  • D
    dennis

    ps: ich wohne schon seit immer hier und kenne mich nur zu gut aus. das ist auch der grund, warum ich jetzt wegziehe. außerdem, was hat die schanze mit ottensen zu tun?

  • D
    dennis

    ich unterstütze bok nicht, egal woher die kommen. - meine meinung. le cro bag kommt auch aus hamburg, genauso wie balzac und schweinske. trotzdem meide ich diese läden. - außerdem geht es mir nicht um die bok-familie, sondern hauptsächlich um das schreckliche publikum und dieser damit einhergehende lifestyle. übrigens ist das die einzige möglichkeit diesen ganzen mist, der in ottensen und anderswo abgeht, aufzuhalten, nämlich NICHT MITMACHEN (= BOYKOTT)!

  • G
    guenter

    als auf einem der letzten schanzenfeste die polizei mal wieder völlig durchgedreht ist und einfach jeden plattgemacht hat der im schulterblatt stand, haben die freundlichen leute von bok jeden rausgejagt der in ihrem laden zuflucht suchen wollte..."nur für zahlende gäste"

  • DD
    @ Dennis

    Wenn du mit "gentrigedöns" Gentrifizierung meinst, solltest du dich vielleicht mal informieren, bevor du hier mit solchen Ausdruecken um dich wirfst. Ich denke, dass man bei einer Familie die aus der Schanze stammt und schon seit mindestens 20 Jahren dort wohnt, nicht von zugezogenen Geldmachern sprechen kann.Aber das kann jemand der vermutlich keine Ahnung vom Viertel und seinen Bewohnern hat natuerlich nicht wissen!

  • N
    nrk

    Solche privaten Hilfsaktionen sind leider immer einigermaßen ambivalent zu sehen. Grundsätzlich nicht verkehrt, aber eben auch gern als Argument herangezogen, wenn es darum geht den Sozialabbau noch weiter zu treien.

  • D
    dennis

    einer der läden, die ich meide wegen gentrigedöns. und dieser schafft es doch tatsächlich durch eine sehr löbliche und barmherzige aktion in alle zeitungen. so grausam kann die welt sein. freund und feind liegen nicht so weit auseinander. also alles menschlich irgendwo.

  • CR
    Christian Relling

    Eine super Aktion! Es waere schoen wenn sich mehr Restaurants daran beteiligen würden, das waere ein erster guter Schritt das sozial kalte Klima in Hamburg aufzutauen!