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Reporter ohne Grenzen rügen EuropaPressefreiheit in Gefahr

Demokratische Staaten wie Frankreich, Italien oder die Slowakei verlieren bei der Pressefreiheit an Boden – "Reporter ohne Grenzen" sind besorgt. Europa laufe Gefahr, seine Vorbildfunktion zu verlieren.

"In über 30 Ländern ist die Pressefreiheit nur so groß wie eine Gefängniszelle" Bild: ap

BERLIN/PARIS afp | Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat sich besorgt über die Verschlechterung des Schutzes der Pressefreiheit in mehreren EU-Ländern gezeigt. Es sei beunruhigend, dass "demokratische Staaten wie Frankreich, Italien oder die Slowakei" in dieser Hinsicht Jahr für Jahr an Boden verlören, teilte die Organisation am Dienstag bei der Vorstellung ihrer jährlichen Rangliste zur Pressefreiheit mit.

Europa laufe Gefahr, seine langjährige Vorbildfunktion zu verlieren. Einige EU-Staaten seien bereits von Demokratien in Afrika oder Lateinamerika überholt worden. Dagegen schafften es die USA dank "Obama-Effekt" wieder unter die Top 20.

Frankreich kam in der weltweiten Rangliste nur noch auf Platz 43 und rutschte damit binnen eines Jahres acht Positionen ab. "Die Ursache sind unter anderem juristische Ermittlungen gegen Journalisten, Festnahme von Reportern und Durchsuchungen bei Nachrichtenmedien", erklärte die Organisation. "Auch die Einmischung von hochrangigen Politikern wie Präsident Nicolas Sarkozy in die Berichterstattung einiger Medien sorgten für eine negative Bewertung."

Italien verlor fünf Plätze auf Rang 49. Grund seien "unter anderem die Drangsalierung der Medien durch Silvio Berlusconi und die damit verbundene staatliche Einmischung". Aber auch gewaltsame Übergriffe auf Journalisten durch die Mafia sowie ein Gesetz, das die Veröffentlichung von offiziellen Abschriften abgehörter Telefongespräche einschränkt, hatten laut ROG Einfluss auf Italiens Platzierung.

Wegen verstärkter Zensur durch die Regierung fiel die Slowakei am stärksten in Europa ab - um 37 Plätze auf Rang 44, wie ROG mitteilte. Bulgarien verlor neun Plätze und bildete auf dem 68. Rang das Schlusslicht unter den EU-Staaten. Nochmals schlechter ist es nach Einschätzung der Organisation in der Türkei um die Pressefreiheit bestellt: Das Land rutschte um 20 Plätze auf Rang 122 ab.

Deutschland konnte sich dagegen um zwei Plätze auf Rang 18 verbessern. Als "kritisch" bewertet die Organisation dort aber die neuen Bestimmungen zu Online-Durchsuchungen und zur Überwachung der Telekommunikation. Negativ ins Gewicht gefallen seien auch "Tendenzen der Pressekonzentration, der immer noch unzureichende Zugang zu öffentlichen Informationen sowie vereinzelte Fälle von körperlichen Übergriffen auf Journalisten". Den ersten Platz auf der Rangliste teilten sich fünf europäische Länder: Dänemark, Finnland, Irland, Norwegen und Schweden.

Die USA setzte die Organisation vom 36. Platz im vergangenen Jahr auf den 20. Rang nach oben. "Der neue politische Kurs nach Barack Obamas Amtsantritt im Januar 2009 ist eine Ursache für diese Entwicklung", erklärte Reporter ohne Grenzen. Demnach ging die Zahl der Fälle von Verletzungen des Quellenschutzes im Namen der nationalen Sicherheit zurück. Zudem gebe es "ernst zu nehmende Bemühungen, den Zugang zu öffentlichen Informationen zu verbessern". Die Haltung von US-Militär- und Sicherheitsbehörden gegenüber Medien im Irak und in Afghanistan bleibe aber weiter "besorgniserregend".

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7 Kommentare

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  • D
    DerVerstand

    @

     

    Naja, bei einer Sache bin ich mir ziemlich sicher, nämlich dass Deutschland in der Presse viel Wert drauf liegt, Israel nicht zu kritisieren und natürlich China und Russland immer schlecht zu machen!

     

    Wir haben eine breit Plattform an Presse, jedoch nur im Internet und nicht bei uns im TV, der TV, hat wie jeder weiss eine hohe Kraft Menschen zu beeinflussen... sei es der KRIEG gegen TERROR, oder die interne Islamphobie, oder sei es drum eigene Politiker aus dem Weg zu räumen.

     

    Es gibt natürlich Sender wie Arte die neutraler sind, was uns fehlt ist jedoch ein neues System der Medien. Ein System das unabhängig von internationalen Regierungen und Lobbyisten ist!

    Ein System, dass sich selbst kritisieren darf, ein System dass nicht wie ein Echo alle anderen Medien wiederhollt, ein System das nicht dazu beiträgt die Massen des Volkes für Dumm zu verkaufen...

     

    Meiner Meinung ist das viel wichtiger als die Wahl, denn so oder so haben wir nur Idioten in unseren Regierungen, doch die haben sowieso keine Anerkennung im Lande, was jedoch Anerkennung hat ist unsere Matschscheibe der TV.

     

    Und natürlich, sollte man ARD nicht mehr als Staatssender sehen sondern viel mehr als einen Privatsender einer kleinen Minderheit, die Ihre Interessen vertretet und somit einen großen Einfluss in unserer Gesellschaft eingenommen hat, der sich NEGATIV auswirkt.

     

    soviel dazu...ändern kann man jedoch so oder so nichts ...

    traurig aber Wahr...

    wenn man sich alles mal so richtig betrachtet...so leben wir in einer scheinwelt, im Imperialismus, in einer Welt wo man vieles besser machen könnte, die Mächtigen jedoch das schlechte verbreiten, um Ihre Taschen voller zu machen ...

     

    sieht euch nur mal die Apotheken an...alles nur noch eine Marketingfrage...Medikamente die schaden verbreiten anstatt zu helfen und dazu noch viel geld kosten, nur damit die Apotheke profit macht und natürlich die Pharmaindustrie...

    alles sehr traurig ... schweinegrippealarm 1000tote in mexiko später stellt sich heraus dass nur 2 leute gestorben sind und das wegen einer immunschwäche ...

    ich sag doch VOLKSVERDUMMUNG ...

  • S
    Sinclair

    In Frankreich gibt es durchaus eine (regierungs)kritische Presse. Das Problem ist die Finanzlage der Zeitungs- und Zeitschriftenpresse, die durch die sinkenden Werbeeinnahmen nicht gut ist. Konservative Geldgeber versuchen daher, durch Käufe oder Beteilungen der Presse eine neoliberale und regimefreundliche Richtung zu geben. Was augenscheinlich gelingt.

  • N
    Nordwind

    Toll, Deutschland konnte sich im Pressefreiheitsranking verbessern. Hurra!

     

    Soll wohl heißen, wie eine neue Studie Leipziger Journalismus-Forscher darlegt, daß der durchschnittliche Journalist statt 10 min pro Tag jetzt 11 min für Recherche aufwenden darf.

     

    Pressefreiheit in Deutschland verkommt immer mehr zur Erlaubnis bei INSM, Bertelsmann und anderen PR-Organisationen der Neolibs/Neocons abschreiben zu dürfen. Besser noch: man benutze gleich das von den PR-Agenturen vorgefertigte und zum download bereitgestellte Material.

     

    Und selbst das kann noch getoppt werden indem man sich gleich einen Bertelsmann-Fellow wie z.B. Peter Frey als Redakteur hält.

     

    Wie sonst sollte man die undifferenzierte Meinungsgleichschaltung in nahezu allen Medien zu wichtigen Themen erklären.

     

    Das Leitmotiv des modernen Journalismus in Deutschland heißt: Och, PR ist schon ganz O.K.

     

    Informationen zur Studie finden sich hier: http://journalistik-journal.lookingintomedia.com/?p=397

  • G
    Gockeline

    Sine es nicht genau diese Medien die weich gespült sind und nur vorgekautes vermarkten?

    Medien geben vor was gedacht werden darf.

    So auch im Fall Sarrazin,oder dem Impfstoff u.s.w.

    Der eigenständige Bürger soll vorgeführt werden oder beeinflußt werden,auf Linie gebracht werden.

    Das geht heute nicht mehr.

    Menschen denken was sie wollen.

    Lesen die Zeitung und lachen über solchen Schmarren den sie schreiben.

    Oder Medien versuchen die Meinung zu manipulieren in Diskusionen.

    Das ging früher,heute schimpfen die Menschen über diese gestellten Diskusionen.

  • WW
    Walter Wasilewski

    Pressefreiheit-Informationsfreiheitsgesetz gehören zusammen.

    Die Mogelpackungen einer freien Berichterstattung sind vielfältig.

    Die sogenannten Talkshows sind auch nicht immer so ganz ohne.

    Wenn eingeladene Teilneher wieder ausgeladen werden da aus einer anderen Partei Einfluss wirksam wird, ist dann noch freie Information gewährleistet? Wenn ich dann als Zuschauer wirksame Beschwerde einlegen möchte - finde ich noch nicht einmal die Mailadresse des Intendanten auch nicht die des Fernsehratsvorsitzenden. Ich darf als Gebührenzahler zahlen –damit auch die Pöstchen- aber für den einfachen Bürger ist die Zuschauerredaktion zuständig.

    Das fördert ungemein unser Demokratieverständnis. Vettern und Günstlingswirtschaft sind mit Information und Pressefreiheit nicht vereinbar. Wer vom Bürger bezahlt wird ist für den Bürger erreichbar -oder er verzichtet auf sein „Pöstchen“.

    Freie Information-freie Presse-freie Bürger haben freien Zugang zu ihren Vertretern.

    Walter Wasilewski

  • AL
    Anna Luehse

    Since 1871: THE TIMES

     

    erklärt "harmonisierte" EU-Pressefreiheit:

     

    "Don’t tell anyone, don’t breathe a word ..."

     

    http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/europe/article6283373.ece

  • M
    MeckieMecker

    Hurra, mal wieder der Obama-Effekt. Hat den Patriot Act, der die Erosion der Bürgerrechte und der Pressefreiheit schön bequem macht, zwar verlängert, aber wen kümmern schon solche Details? Yes we can - Bullshit