: Religion ist antidemokratisch
betr.: „Kündigung der Verkündigung“
Hilal Sezgin konstruiert einen Vulgär-Egalitarismus, der einfach lächerlich ist. Alle Religionen sollen jetzt ihre Fernsehplattform bekommen, oder keine soll sie mehr haben.
Sezgin bedient dabei eine Toleranzvorstellung, die weiland der alte Herbert Marcuse mit „repressiver Toleranz“ bezeichnete. Ist dass alles vergessen worden? In der Debatte um die Anerkennung der Religionen fantasiert man mit egalitären Ansprüchen herum, obwohl doch keine Religion auf dieser Grundlage basiert. Ich dachte immer, man müsste die säkularisierte Gesellschaft weiterentwickeln. Das Grundproblem ist nicht das „Selbstverständnis staatlich subventionierter Öffentlichkeit“ (Sezgin), sondern die Legitimität der Religion überhaupt. Wir müssen endlich aufhören, der Religion eine legitime Stimme in einer demokratisch aufgeklärten Gesellschaft zuzuweisen. Diese hat sie nicht, da ihre Voraussetzungen und Zielsetzungen eher antidemokratisch sind. Das hat nichts mit den soziologisch verstehbaren Wirkungsweisen religiöser Systeme zu tun, sondern ist ein Kampf um die Legitimität der Deutungsmacht Religion. JÜRGEN DAUB, Siegen