Reingehört: Hinreißend!
■ Die beiden großen Bremer Orchester haben hervorragende CDs produziert
Beim Kauf von Klassik-CDs ist die Not oft groß: Welche Aufnahme soll man aus dem riesigen Angebot auswählen? In den CD-Geschäften gibts heute keine Beratung mehr, und unzählig und unübersehbar sind die Interpretationen der Werke der Weltliteratur. Da tut es richtig gut, bei in Bremen entstandenen Produktionen fündig zu werden! Ich verspeche hier, dass ich keinen Lokalpatriotismus betreibe, sondern die CDs mehrfach kritisch gehört habe: Sie sind hinreißend.
Zuerst die Ouvertüren Ludwig van Beethovens in Aufnahmen der Deutschen Kammerphilharmonie unter der Leitung Daniel Hardings. Die Wiedergaben dieses energiegeladenen und dynamischen Dirigenten sind voller Struktur, Klangfarbe und „revolutionärem“ Drive. Die CD enthält Coriolan, Egmont, Die Geschöpfe des Prometheus, Die Ruinen von Athen und erfreulicherweise alle Leonorenouvertüren. Sie ist bei der Kammerphilharmonie, Schlachte 1, Tel.: 32 82 62, Fax 32 82 68, www.kammerphilharmonie.com und e-mail: seketariat@ddkbremen.de zu haben und kostet 35 Mark.
Auch die zweite CD kommt aus Bremen und dokumentiert aufs schönste, was aus dem Philharmonischen Staatsorchester unter Leitung von Günter Neuhold im positiven Sinne geworden ist (an dieser Stelle dürfen wir gerne vergessen, dass das Zerwürfnis zwischen Dirigent und Orchester inzwischen wohl irreparabel ist). Für das Requiem von Giuseppe Verdi gibt es historische Referenzen, an denen bis heute kein Dirigent vorbeihören kann: Das sind Fritz Reiner und Arturo Toscanini. In dieser Tradition ist Neuholds Wiedergabe mitreißend gelungen, klangschön und sensibel, die ernst macht mit Tempo- und Dynamikangaben (eine kleine Einschränkung für den manchmal etwas martialisch singenden Chor und die zu starke „Opernhaftigkeit“ der SolistInnen soll hier nicht verschwiegen werden – aber das ist Geschmackssache). Zu beziehen bei der Philharmonischen Gesellschaft, Tel.: 25 02 16, Fax 25 75 818, e-mail: grobien@aol.com. Die Doppel-CD kostet 39 Mark.
Neben diesen großen Orchester- und Chorwerken gibt es für alle LiebhaberInnen der Kammermusik eine wirkliche Rarität: Ein Klavierquintett der französischen Komponistin Louise Farrenc (von 1839) und ein Streichquartett der deutschen Komponistin Louise Adolpha le Beau (1887). Das Ensemble Louise Farrenc – Musikerinnen der Kammerphilharmonie – haben sie eingespielt und ergänzt durch ein zartes Werk für Mezzosopran und Viola der koreanischen, in Bremen lebenden Komponistin Younghi Pagh-Paan: Alle drei sind große Werke, die sich hinter keiner Komposition eines Mannes verstecken müssen. Die CD ist für 30 Mark bei der Kammerphilharmonie zu haben. Ute Schalz-Laurenze
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