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Reines Bier-betr.: "Softeisartige Süße oder scheußliche Säuerlichkeit" u.a., Eurotaz vom 4.3.92

betr.: „Softeisartige Süße oder scheußliche Säuerlichkeit“ u.a., Eurotaz vom 4.3.92

Die schauderhaften belgischen Bierpanschereien lassen das ach so reine deutsche Bier in einem Licht erscheinen, das ihm womöglich gar nicht gebührt.

Als ich das erste Mal ein Öko-Bier sah, war ich zunächst auch eher belustigt: Bier wird doch aus Hopfen, Gerste oder Weizen, Wasser oder Hefe gebraut, nicht wahr? Aus Neugier kaufte ich dann direkt bei einer kleinen, mittelständischen Brauerei deren Öko-Bier. Dazu gab es Informationsmaterial über die Vorgaben, die sich die Brauerei für ihre Bio- Biere selbst gegeben hat. Wenn man aus dem, was die Brauerei nicht verwendet oder praktiziert, den Umkehrschluß zieht, daß all dies bei „normalen“ Bieren gang und gäbe ist, kommt bei Bier-KonsumentInnen sicher Freude auf. Beispiele:

„Das Saatgut für Gerste, Weizen, d. Verf.) hat keine gentechnologische Bearbeitung erfahren und ist nicht mit chemisch-synthetischen Mitteln gebeizt.“

„...insbesondere die Begasung mit Blausäure, Phosphin und synthetischem Pyrethrum ist für Getreide aus ökologischem Landbau, das zum Brauen der Öko-Biere verwendet wird, nicht zulässig.“

Verwendet wird ausschließlich hochwertiger Aromahopfen „und keinesfalls Bitterhopfen, Hopfenpellets oder Lösungsmittelextrakte (Hopfenextrakt).“

„Das heute übliche Schwefeln des konventionellen Hopfens (bis zu ein Pfund Schwefel pro Zentner) zur Konservierung ist für unseren Hopfen aus ökologischem Landbau unzulässig.“

„Obwohl bereits genmanipulierte Hefen zum Brauen entwickelt sind, lehnen wir ihre Verwendung für unsere Öko-Biere strikt ab.“

„Verfahren zur künstlichen Beschleunigung der Vorgänge während des Würzekochens, insbesondere der Einsatz von Kieselsäurepräparaten zur schnelleren Isomerisierung der Hopfeninhaltsstoffe, sind unzulässig.“

„Die Entkeimung der Flaschen mit Sulfit und die Behandlung von Kronkorken mit Formaldehyd ist für unser Öko-Bier unzulässig.“

„Die Füllhöhe des Bieres in der Flasche wird in der Bundesrepublik seit Jahren mit radioaktiver Strahlung gemessen. Obwohl diese radioaktive Bestrahlung in der Bundesrepublik zulässige und geübte Praxis ist, lehnen wir dieses Verfahren für Öko-Biere strikt ab.“

Alles in allem geben bereits diese Auszüge einen kleinen Eindruck von dem, was sich möglicherweise rund um die deutschen Sudkessel so abspielt. [...] Bernd Oehler, Mannheim

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