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Archiv-Artikel

Reichtum schützt nicht vor Wassermangel

Verschwendung und Verschmutzung gefährden in den reichen Industrieländern die Wasserversorgung

BERLIN taz ■ Das satte Grün vom englischen Rasen könnte bald einem matten Braun weichen: denn das zum Gießen nötige Wasser wird auch in den industrialisierten Ländern knapp, warnt die Umweltorganisation WWF. Ob Dürren in Südeuropa, versalzte Flächen in Australien oder hohe Schadstoffbelastung in Japan – die Probleme breiten sich über den ganzen Globus aus, resümiert der WWF in einer gestern veröffentlichten Studie. Schuld daran sei eine Kombination von Ursachen: Klimawandel, die Zerstörung von Feuchtgebieten, Verschwendung und Verschmutzung sowie mangelhafte Infrastruktur und Missmanagement von Ressourcen. Wohlstand sei keine Versicherung gegen Knappheit, Umweltverschmutzung und die Folgen des Klimawandels, bilanziert der WWF. „Auch goldene Wasserhähne nützen nichts, wenn kein oder nur schmutziges Wasser aus der Leitung fließt“, sagt WWF-Wasserexperte Martin Geiger.

In der Studie stellt der WWF einige „Problemzonen“ vor. In London etwa versickere so viel Wasser durch marode Leitungen, dass sich damit jeden Tag 300 olympische Schwimmbecken füllen ließen. Die USA mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Verbrauch müssen ihren Bedarf in vielerorts aus dem Grundwasser decken. Wichtige Reservoirs drohen bald erschöpft zu sein. „Die Verfügbarkeit von Wasser wird die Landschaft in den kommenden Jahrzehnten umformen“, warnt das Wasserinstitut von Texas. In Europa nennt der WWF als Hauptprobleme die durch den Klimawandel abschmelzenden Gletscher, begradigte Flussläufe und die wasserintensive, subventionierte Landwirtschaft, die zudem Flüsse, Seen und Grundwasser mit Pestiziden und Nitraten verseucht.

Auf dem UN-Entwicklungsgipfel in Johannesburg 2002 hatten sich die Staaten der Welt dazu verpflichtet, bis 2005 jeweils einen nationalen Plan zur effizienten Nutzung der Ressource Wasser aufzustellen. Nicht mal 30 Länder haben bislang ein Konzept vorgestellt. Statt Wasser zu sparen, reagieren die meisten Regierungen mit dem Bau tieferer Brunnen, Entsalzungsanlagen, Flussumleitungen und Staudämmen. Doch die Kosten dafür stünden „in keinem Verhältnis zu dem vergleichsweise geringen Aufwand einer vorausschauenden Wasserpolitik“, so der WWF.

Mit der Studie will der WWF auch ein Warnsignal für Schwellenländer geben. „Die nächste Gruppe sich schnell entwickelnder Länder hat die Chance, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen “, sagt Jamie Pittock, der Direktor des globalen Süßwasserprogramms des WWF. Ziel sei es, sich die Kosten für die Rettung zerstörter Frischwasserreservoirs zu sparen. „Leider haben sich diese Länder anscheinend bereits durch große Infrastrukturprojekte wie große Staudämme verführen lassen.“

NICOLA LIEBERT