Regierungskrise in Belfast beendet: Frieden in Nordirland vorerst sicher

London gibt Kompetenzen für Polizei und Justiz an die Allparteienregierung aus protestantischen Unionisten und katholischen Nationalisten in Belfast ab und zahlt.

Gordon Brown war nach Belfast gekommen, um die Einigung zu verkünden. Bild: dpa

Die beiden größten Parteien in der nordirischen Allparteienregierung haben das Scheitern der Koalition in der Nacht zum Freitag abgewendet. Die protestantisch-unionistische Democratic Unionist Party (DUP) und die katholisch-nationalistische Sinn Féin, der politische Flügel der im Ruhestand befindlichen Irischen Republikanischen Armee (IRA), einigten sich nach zehntägigen Verhandlungen auf die Übertragung der Kompetenzen für Polizei und Justiz von London auf Belfast.

Das nordirische Regionalparlament wird am 9. März über das Abkommen zwischen DUP und Sinn Féin abstimmen. Wird es angenommen, was zu erwarten ist, tritt es am 12. April in Kraft. Der neue Posten des Justizministers geht höchstwahrscheinlich an David Ford, den Chef der kleinen Alliance Party, die sich als politisch neutral bezeichnet.

"Wir schließen das letzte Kapitel einer langen und unruhigen Geschichte, und wir schlagen nach jahrzehntelanger Gewalt, jahrelangen Verhandlungen und wochenlanger Pattsituation ein neues Kapitel für Nordirland auf", sagte der britische Premierminister Gordon Brown, der ebenso wie sein irischer Amtskollege Brian Cowen gestern früh nach Belfast gekommen war, um die Einigung zu verkünden. Eigentlich war die Frist, die Brown dafür gesetzt hatte, bereits vor einer Woche abgelaufen. Lange wollten 14 der 36 DUP-Abgeordneten nicht zulassen, dass die IRA-nahe Sinn Féin in Sicherheitsfragen mitreden darf.

Am Ende wurde die Sache mit Geld geregelt. Brown versprach zusätzliche 800 Millionen Pfund für die Übertragung der Polizei- und Justizhoheit. Darüber hinaus wird wohl die Presbyterianische Versicherungsgesellschaft, die seit Oktober 2008 unter Insolvenzverwaltung steht, mit einem 70-Millionen-Pfund-Paket gerettet. Die Ersparnisse von rund 10.000 Anlegern, die zumeist der DUP nahestehen, würden dadurch gerettet.

Das wichtigste Zugeständnis an die DUP ist die Zusage, die Paradenkommission abzuschaffen. Der protestantische Oranier-Orden veranstaltet rund 3.000 Paraden jedes Jahr in Nordirland. Einige davon führen durch katholische Viertel und haben seit Jahren für Konflikte gesorgt. Die deshalb eingesetzte Paradenkommission hat die meisten dieser umstrittenen Märsche verboten und war den Protestanten ein Dorn im Auge. Sollte das Zugeständnis an die DUP darin bestehen, die umstrittenen Paraden zuzulassen, sind neue Konflikte vorprogrammiert.

Für Sinn Féin hat die Übertragung der Kompetenzen für Polizei und Justiz hohe symbolische Bedeutung, signalisiert sie doch einen weiteren Rückzug Großbritanniens aus Nordirland. Die Partei drohte vor zwei Wochen mit dem Austritt aus der Regierung, falls es keine Einigung gäbe. Der DUP wären die dadurch erforderlichen Neuwahlen höchst ungelegen gekommen, nachdem ihr Premierminister Peter Robinson aufgrund zwielichtiger Finanzgeschäfte seiner Frau vorübergehend zurückgetreten war. Er war erst am Mittwoch in sein Amt zurückgekehrt.

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