Reform der Bundeswehr: Parteikollegen finden das nicht "gutt"
Es ist wirklich wahr: Auch ein Guttenberg ist nicht unantastbar. Weil der Minister für die Bundeswehrreform mehr Geld braucht, wird er aus den eigenen Reihen kritisiert.
Gegenwind für den Überfliegerminister Nummer eins: Der Plan von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), die Sparziele der Bundesregierung bei der Reform der Bundeswehr nicht einzuhalten, ist auf heftige Kritik gestoßen. Die haushaltspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, Otto Fricke (FDP) und Norbert Barthle (CDU), sagten der Süddeutschen Zeitung, der Minister dürfe nicht unter dem Vorwand der Reform die Sparziele aushebeln. Fricke: "Der beschlossene Finanzplan gilt - auch für den Verteidigungsminister."
Guttenberg hatte vor kurzem angekündigt, für den geplanten Umbau der Bundeswehr eine Anschubfinanzierung zu benötigen und dabei kurzfristig nicht sparen zu können. Ursprünglich waren in der Finanzplanung bis 2014 im Verteidigungshaushalt Einsparungen von 8,3 Milliarden Euro vorgesehen. Dass er nicht sparen könne, begründete der Minister damit, dass die Armee nicht - wie er selber es geplant hatte - nur rund 160.000 Soldaten umfassen solle, sondern 185.000.
Die Zahl war als Kompromiss aus den Koalitionsrunden hervorgegangen. Im Sommer hatte Guttenberg jedoch gerade wegen der bestehenden Sparzwänge im Bundeshaushalt die umfassende Reform der Bundeswehr angestoßen und auch durchgesetzt, dass er deshalb die Wehrpflicht aussetzen kann. Dies ist mittlerweile beschlossen - die allgemeine Wehrpflicht soll zum 1. Juli kommenden Jahres ausgesetzt werden. Anstelle des Zivildienstes soll es künftig einen Bundesfreiwilligendienst geben.
Auch Politiker der Opposition kritisierten CSU-Mann Guttenberg scharf: "Der Fall zeigt, dass der Minister zwischen zwei unvereinbaren Kabinettsbeschlüssen steht, denen er beiden zugestimmt hat", sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels der taz, "185.000 Soldaten im Heer und gleichzeitig sparen geht nicht."
Der Grüne Omid Nouripour forderte Guttenberg auf, das Sparziel einzuhalten: "Das ist mehr als realistisch - man muss es nur wollen", sagte Nouripour. Eine verringerte Truppenstärke, so der Verteidigungspolitiker, "bringt fünf bis sechs Milliarden Euro in vier Jahren".
Auch der FDP-Haushälter und schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Jürgen Koppelin forderte den Verteidigungsminister auf, sich an die vereinbarten Sparziele der Koalitionsrunden zu halten. "Der Fahrplan muss eingehalten werden", sagte Koppelin der taz. "Wir werden auch über Standorte und Großprojekte verhandeln müssen - der Verteidigungsminister ist nicht für regionale Strukturpolitik zuständig." Sprecher des Verteidigungs- und Finanzministeriums bestätigten am Mittwoch in Berlin die Sparziele für das Verteidigungsministerium.
Die Kritik an Guttenberg folgt zeitlich auf eine eigene Kritik des Verteidigungsministers an Außenminister Guido Westerwelle, der in der letzten Woche in einer Regierungserklärung vorm Deutschen Bundestag einen Teilabzug deutscher Truppen aus Afghanistan für Ende 2011 angekündigt hat. "Ich kann für mich oder die Bundesregierung nicht verantworten, verbleibende Soldaten zu gefährden, bloß weil man einer gewissen Sache nachkommen will, die man behauptet hat", sagte Guttenberg am Dienstag in der ARD. Für den Grünen Nouripour ein "weiteres Foul" innerhalb der Bundesregierung. "Guttenberg haut auf einen Mann drauf, der schon am Boden liegt."
Leser*innenkommentare
mit Majo
Gast
Wie können sie es wagen ? IHN, den Überfliegerminister, den von und zu, die Nr. 1 zu kritisieren ? Eine unverzeihliche Verletzung der Etikette.
Andreas
Gast
Offensichtlich leiden die Kritiker von Herrn zu Guttenberg an akutem Gedächtnisverlust. Wer wollte denn unbedingt lieber mehr als weniger Soldaten? Zu Guttenberg rechnete mit 165.000, aber alle anderen wollten unbedingt deutlich über 180.000 und die SPD sogar 200.000. Nun sollen es 185.000 sein und die bekommt man natürlich nicht umsonst. Vielleicht sollten sich diejenigen, die jetzt wieder laut rumjammern erst mal selber darüber klar werden, was sie eigentlich wollen, sparen oder doch lieber mehr Soldaten, um mehr Kasernen behalten zu können. Um die Sicherheit geht es ja doch nur am Rande.