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Referendum in LettlandRussisch als zweite Amtsprache? Nē!

Die Letten haben sich mit klarer Mehrheit dagegen ausgesprochen, Russisch zur zweiten Amtssprache zu machen. Die russische Minderheit macht etwa ein Drittel der lettischen Bevölkerung aus.

Die Letten wollen Lettisch sprechen – und lehnten Russisch als zweite Amtssprache per Referendum ab. Bild: dpa

RIGA afp | In Lettland hat sich die Bevölkerung in einem Referendum klar dagegen ausgesprochen, Russisch zur zweiten Amtssprache zu machen. Wie die Wahlkommission in der Nacht zum Sonntag nach der Auszählung fast aller Stimmen mitteilte, stimmten knapp 75 Prozent der Wähler gegen Russisch als zweite Amtssprache. Hinter die Forderung der russischen Minderheit in dem baltischen Staat stellten sich demnach nur 25 Prozent der Wähler.

Vertreter der russischsprachigen Minderheit, die die Volksabstimmung angestoßen hatten, räumten ihre Niederlage ein. Vladimirs Lindermans von der Organisation Muttersprache sagte im Fernsehsender LTV1, es sei den Initiatoren darum gegangen, einen "Dialog zu starten und dieser Dialog hat jetzt begonnen". Zwar sei die Diskussion stellenweise "hysterisch" verlaufen, aber Hysterie sei immer noch "besser als das Schweigen der letzten 20 Jahre".

Parlamentspräsidentin Solvita Aboltina, die der konservativen Partei der Einheit von Regierungschef Valdis Dombrovskis angehört, sagte, die Volksabstimmung sende ein "gutes Signal" aus.

Die Beteiligung an dem Referendum lag bei 69 Prozent - eine der höchsten Wahlbeteiligungen in Lettland seit der Unabhängigkeit von Russland 1991. Stimmberechtigt waren rund 1,5 Millionen Menschen. Die russische Minderheit macht etwa ein Drittel der lettischen Bevölkerung aus.

Die frühere Sowjetrepublik war in der Frage, ob Russisch die zweite Amtssprache werden soll, angesichts ihrer Geschichte tief gespalten. Unter sowjetischer Herrschaft war den Letten die russische Sprache aufgezwungen worden. Viele Gegner des Referendums erinnerten zudem daran, dass zu Sowjetzeiten zahlreiche ethnische Letten nach Sibirien deportiert wurden. Sie sehen in der lettischen Sprache deshalb ein Symbol ihrer Unabhängigkeit und Freiheit. Befürworter der Initiative erhofften sich dagegen ein Ende der Diskriminierung von russischsprachigen Bewohnern des Landes.

Bei vorgezogenen Parlamentswahlen im September war die russlandfreundliche Partei Zentrum der Harmonie stärkste Kraft geworden. Der Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Dombrovskis gehört sie allerdings nicht an.

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12 Kommentare

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  • L
    Latvietis

    @ Benz: Was für ein vollkommener historischer Unfug. Der Osten lettlands, Latgale, war niemals längerfristig von russischen, oder in Bezug auf das Mittelalter slawischen Bevölkerungen bewohnt. Im 17. Jahrhundert war Riga zudem weder eine lettische, noch eine russische Stadt, sondern eine deutsche!!! Und das blieb auch so bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, als sich ein erstes lettisches Nationalgefühl entwickelte.

     

    Tipp: Vor dem Posten mal ein Buch, vielleicht sogar ein geschichtsbuch lesen, und nicht der am Stammtisch postulierten linken antilettischen Propagenda kritiklos Glauben schenken!

  • B
    Benz

    @Martin Berzin

    Das stimmt nicht. Ostlettland war seit jeher von Russen besiedelt, schon zu Zeiten, als noch kein Mensch von Letten sprach und Lettland nicht existierte. Und in Riga waren russische Handelsleute ebenfalls mindestens seit dem 17. Jhd. ansässig.

     

    Aber davon wollen die Ultranationalisten in Lettland nichts hören. Die hängen lieber an ihrem vorsintflutlichen Vorstellungen a la ''ein Reich, ein Volk'' nach und träumen von einem grossen mächtigen Lettland.

  • MB
    Martin Berzins

    Ich möchte daran erinnern, dass die diskussion recht einseitig geführt wird.

    Deutschland hat sich seiner 500.000 Russen durch Zahlung von Millionenbeträgen entledigt. Da Lettland das Geld nicht hat, wird hier mit zweierlei Maßstäben gemessen.

    Die Mrhrzahl der Russen in Lettland sind ehemalige Besatzer und deren Nachkommen. Ein Tei davon bezeichnet die Lettische Sprache als Hundssprache, die sie niemals lernen werden.

    Die Russen werden genauso wenig diskriminiert wie Türken in Berlin. Warum will niemand in Berlin Türkisch als zweite Landessprache einführen?

  • EL
    Ein Lette

    @Benz

    Junge, sage Nichts, wovon du keine Ahnung hast!

    1. Lettland entstand nach dem ersten Weltkrieg und ist nicht "ein von sowjetischen Planern auf dem Reissbrett entworfener Staat ohne eigene Identität". In den Unabhängigkeitsäpfen gegen Deutschland und Russland verlor Lettland fast 1/3 ihre Einwohner.

    2. Vor ein paar Jahren hat Russland das Abrene Gebiet im osten Lettlands zurückverlangt und hat es zurückbekommen. Es beträgt 14% lettischen Territoriums. Damit hat es nicht die gleichen Grenzen Sovietlettlands.

    Ich ärgere mich so sehr über solche Komentare und würde gerne noch ein paar stärkere Worte sagen. Keine Ahnung von Nichts, aber trotzdem klugscheißen

  • B
    Benz

    Die lettischen Rechtsnationalisten haben es wieder einmal geschafft und konnten ihre Sprachfolklore durchsetzen.

     

    Man muss sich schon fragen, wie schwach eine Nationalität ist, wenn sie mit Klauen und Zähnen gegen andere Sprachen vorgehen muss und ihre eigene Sprache nur mit Gesetzen und staatlichem Druck verteidigen kann. Offenbar stimmt es eben doch, dass Lettland, das ja bis heute die Grenzen der ehemaligen lettischen Sowjetrepublik beibehalten hat, ein von sowjetischen Planern auf dem Reissbrett entworfener Staat ohne eigene Identität ist.

     

    Dass jetzt die ganze Welt das hässliche Gesicht der lettischen Sprachnationalisten gesehen hat, ist das positive Ergebnis dieser Abstimmung.

  • R
    Rose

    In ihrem Bericht "vergisst" die TAZ,dass ein grosser Teil der russischsprachigen Minderheit gar nicht an der Abstimmung teilnehmen durfte!Als "Verbrechervolk" und "Okkupanten"so die Regierung,werden diesen Menschen elementarste Bürger-und Menschenrechte vorenthalten.Ist aber kein Thema für die TAZ-passt nicht ins Propaganda-BILD!

  • M
    Michel

    Die einzig richtige Entscheidung!

     

    Ich möchte auch nicht das in Deutschland in einigen Jahren mal Türkisch zur Amtssprache gemacht wird nur weil so viele hier leben.

     

    Irgendwo hört die Gastfreundschaft ja auf.

     

    Und während die meisten Türken als Gastarbeiter von Deutschland angeworben und eingeladen wurden, sind die Russen von Moskau wie Siedler in okkupiert Länder geschickt worden um Moskau Treue zu zementieren und jedes Nationalbewußtsein und damit Widerstand gegen sovietische Herrschaft im Keim zu ersticken.

     

    In der UDSSR waren die einheimischen Balten Menschen zweiter oder gar dritter Klassen.

     

    Gut und absolut verständlich das kein Balte mehr was damit zu tun haben muß.

     

    Es wird noch eine Weile dauern bis die Russen im Baltikum aktzeptieren und zugeben welche Verbrechen in ihrem Namen begangen wurden.

     

    Dann kann eine Aufarbeitung und Versöhnung beginnen, nicht vorher!

  • A
    Andrej

    Schade das die Nationalisten die lieber ihre lettische Sprache haben wollen gewonnen haben. Lettland über alles...

  • MW
    Marcus Weisen

    Lieber Hans Steih,

     

    Stellen wir uns vor, ein Land, irgendein Land, teile mehr oder weniger die Geschichte Lettland's...

     

    wenn z.B. heute in Deutschland 40 Millionen Menschen, von denen die überwiegende Mehrheit von irgendeiner totalitären Macht (von West, Ost, Süd oder Nord) hergebracht wurde, leben würden...

     

    wenn diese Besetzung etwa 45 Jahre gedauert hätte, mit all ihren Folgen ...

     

    und die Besetzer es vorhatten, die Landessprache und damit verbundene Kultur schlussendlich auszumerzen ...

     

    denken Sie wirklich, die Bedingungen seien 20 Jahre später schon da, diese Sprache als zeite offizielle Sprache anzuerkennen? Ich glaube, kein einziges Land würde in einer ähnlichen Situation solch einer Entscheidung zusagen.

     

    Ich wäre ja froh, wenn die Geschichte keine tiefen Wunden hinterlassen hätte.

     

    Wunden, wie diese heilen langsam. Um zu heilen, in egal welchem Land, bedarf es einer Situation jenseits der Polarisation, eines Willens, der von allen Seiten getragen ist. Leider scheint es, dass man soweit noch nicht angelangt ist.

     

    Ich hätte genauso gewählt, wie die lettischsprachige Bevölkerung.

     

    Dabei bin ich mir allerdings bewusst, dass wählen allein nicht genügt. Einem Teil der russigsprachigen Bevökerung droht tatsächlich gesellschaftliche und wirtschaftliche Ausklammerung. Die grosse Bürde der Geschichte.

     

    Man träumt davon, dass sich die Regierung, die Parteien, die Sprachgruppen, aktiv nach schöpferische Möglichkeiten suchen, jenseits von Polarisation, Mittel eines auf Gleichberechtigung beruhendem Zusammen- und Miteinanderleben zu finden.

     

    liebe Grüsse aus Frankreich,

     

    Marcus Weisen

  • MW
    Marcus Weisen

    Lieber Hans Steih,

     

    Stellen wir uns vor, ein Land, irgendein Land, teile mehr oder weniger die Geschichte Lettland's...

     

    wenn z.B. heute in Deutschland 40 Millionen Menschen, von denen die überwiegende Mehrheit von irgendeiner totalitären Macht (von West, Ost, Süd oder Nord) hergebracht wurde, leben würden...

     

    wenn diese Besetzung etwa 45 Jahre gedauert hätte, mit all ihren Folgen ...

     

    und die Besetzer es vorhatten, die Landessprache und damit verbundene Kultur schlussendlich auszumerzen ...

     

    denken Sie wirklich, die Bedingungen seien 20 Jahre später schon da, diese Sprache als zeite offizielle Sprache anzuerkennen? Ich glaube, kein einziges Land würde in einer ähnlichen Situation solch einer Entscheidung zusagen.

     

    Ich wäre ja froh, wenn die Geschichte keine tiefen Wunden hinterlassen hätte.

     

    Wunden, wie diese heilen langsam. Um zu heilen, in egal welchem Land, bedarf es einer Situation jenseits der Polarisation, eines Willens, der von allen Seiten getragen ist. Leider scheint es, dass man soweit noch nicht angelangt ist.

     

    Ich hätte genauso gewählt, wie die lettischsprachige Bevölkerung.

     

    Dabei bin ich mir allerdings bewusst, dass wählen allein nicht genügt. Einem Teil der russigsprachigen Bevökerung droht tatsächlich gesellschaftliche und wirtschaftliche Ausklammerung. Die grosse Bürde der Geschichte.

     

    Man träumt davon, dass sich die Regierung, die Parteien, die Sprachgruppen, aktiv nach schöpferische Möglichkeiten suchen, jenseits von Polarisation, Mittel eines auf Gleichberechtigung beruhendem Zusammen- und Miteinanderleben zu finden.

     

    liebe Grüsse aus Frankreich,

     

    Marcus Weisen

  • O
    Ojars @Steih

    Na sicher, die Letten haben wohl einen teilweise insbesondere aus deutscher Sicht problematischen Umgang mit der Aufarbeitung der Geschichte. Vor allem wenn es um die Zeit vor Stalin, Breschnew und wie sie alle hießen geht.

    Das Referendum ist aber eine von einer kleinen politisch aktiven Minderheit gezielt eingesetzte Provokation, die nichts mit Sachargumenten zu tun hatte. Die Letten werden nun auch nicht mit der Aufarbeitung der blinden Flecken ihrer Geschichte beginnen.

    Ach ja, natürlich gab es auch eine jahrhunderte alte Geschichte der Russen (und der Deutschen) im Baltikum. Aber wer von den im Land lebenden Russen kann sich denn darauf berufen? Vielleicht 10 %? Der Rest kam eben dann doch im Rahmen der Russifizierung.

    Der Witz an diesem ganzen Referendum ist doch, dass das Problem vor Ort gar nicht so extrem existiert wie es gern dargestellt wird. Natürlich kann man sich im Land auf Russisch verständigen, aber ebensogut ist es möglich, sich in Daugavpils (etwa 70% Russen) auf Lettisch zu verständigen. Die Frage der Staatssprache ist hier nur vorgeschoben.

    Russisch als zweite Staatssprache zu akzeptieren, würde bedeuten, die erfolgte Russifikation im Nachhinein zu legitimieren. Es würde aber auch eine klare Gefahr für die lettische Sprache darstellen.

    Die Ablehnung des Referendums ist nicht primär auf Nationalismus begründet.

    Zitat "Das fortgesetzte Schüren anti-russischer Antipathien und das Beibehalten ethnischer Diskriminierungen ist Teil einer nationalistischen Demagogie." Ersetzen Sie hier doch mal spaßeshalber "anti-russisch" durch "anti-lettisch".

  • HS
    Hans Steih

    Warum übernehmt ihr völlig unkritisch eine Agenturmeldung?! Hat die Redaktion geschlafen oder einen blinden Fleck?!

    Es ging um die Frage, ob die Sprache einer Minderheit, die immerhin fast 1/3 der Bevölkerung stellt, zur zweiten Amtssprache wird. Ist es richtig, ist es demokratischer und europäischer Standard, dass darüber die nationalistisch erregte Mehrheit entscheidet , entscheiden darf?! M.W. hat Lettland die europäische Charta für Minderheitensprachen nicht unterzeichnet.

    Es gibt eine jahrhundertlange Geschichte der Russen im Baltikum. Die Existenz der russischen Minderheit lässt sich nicht auf die stalinistische und post-stalinistische Russifizierungspolitik reduzieren. Wie von den "Mehrheiten" im Baltikum die eigene Geschichte (in der sie nicht nur Opfer waren) aufgearbeitet wird, ist doch teilweise sehr obskur und ein langes Thema. Das fortgesetzte Schüren anti-russischer Antipathien und das Beibehalten ethnischer Diskriminierungen ist Teil einer nationalistischen Demagogie.

    Die letzten Absätze der afp-"Meldung"(?!) verklären die Problematik ziemlich einseitig. Angesichts der Erfahrungen in Ex-Jugoslawien, in Spanien, in der Türkei, angesichts aufkommender Nationalismen in den osteuropäischen und südost-europäischen Ländern (Ungarn?!), sollte die taz kritischer sein (und für den toleranten Umgang der vielfältigen Kulturen eintreten), wenn eine Mehrheit (oder eine beliebige ethnische Teilgruppe) glaubt, ihre Rechte nur dadurch sichern zu können, dass man die gleichen Rechte anderen Gruppen vorenthält (und dies mit einem nationalistischen Narrativ begründet).