: Reden und spielen bis es piept
Beim Kinderschutzbund diskutierten die Jugendpolitiker der fünf Bürgerschaftsparteien in 90-Sekunden-Statements über die Situation von Hamburgs Kindern
Das Spiel war etwas ungerecht: vier gegen zwei. Die Spieler waren die jugendpolitischen Sprecher der Bürgerschaftsfraktionen, das Spielbrett bot der Kinderschutzbund, der sie gestern zu einem Fachgespräch über die Lebenssituation von Kindern in Hamburg geladen hatte. Wie es sich gehört, saßen Vertreter der Regierungsparteien der Opposition gegenüber, aber weil Bettina Pawlowski (CDU) ihren Fraktionskollegen Marcus Weinberg mitbrachte, waren es eben vier Spieler gegen zwei.
Der Kinderschutzbund hatte zehn Prüfsteine ausgearbeitet, an denen die Situation von Kindern überprüft werden sollte, unter anderem soziale Sicherheit, Gesundheit, entwicklungsförderliche Spielräume und Migrantenkinder. Die Spielregeln: Ohne jegliche Vorbereitungszeit benennt jeder Politiker in einem höchstens 90 Sekunden dauernden Statement Lösungsmöglichkeiten zu jedem Prüfstein, eine Diskussion ist ausgeschlossen.
Nicht viele Regeln eigentlich, aber die einzuhalten fiel schwer. Politiker reden gerne, und nach 90 Sekunden piept die Uhr. Am kürzesten fassten sich Sabine Steffen (GAL) und Karina Weber (Schill). Letztere vielleicht auch deshalb, weil sie selten Lösungsvorschläge von sich gab, sondern vielmehr aufzählte, was der Rechts-Senat bereits in dem angesprochenen Bereich geleistet habe – für dessen Wohltaten waren 90 Sekunden ausreichend. Währenddessen erinnerte Wolf-Gerhard Wehnert (SPD), der den jugendpolitischen Sprecher seiner Fraktion, Thomas Böwer, vertrat, immer wieder an rot-grüne Erfolge.
Schwer fiel es jedoch allen, konkrete Vorschläge zu machen, anstatt über die Themen zu philosophieren. Als beim sechsten Prüfstein das „Recht der Kinder auf Tagesbetreuung“ auf den Tisch kam, kritisierte die Opposition mit oft gehörten Argumenten die Kita-Reform, während die Regierungsparteien mit genauso oft gehörten Argumenten diese verteidigten. Andere Themen von aktueller Relevanz wurden ausführlich diskutiert, obwohl sie in dieser Form gar nicht auf der Tagesordnung standen, so zum Beispiel Tempo 60 auf Hauptstraßen und Poller.
Weitreichende Vorschläge kamen bei dem Gespräch nicht heraus. Eine der konkretesten Ideen entwickelte FDP-Vertreter Leif Schrader, der sich für eine Senkung des Wahlrechts in Hamburg auf 14 oder 16 Jahre einsetzte. Rot-Grün will höhere Strafen für Autofahrer, die in Tempo-30-Zonen zu schnell fahren. Und CDU-Schill findet die eigene Regierung toll.
In einem Jahr wird das Spiel wiederholt. Der Kinderschutzbund will die Sprecher noch einmal einladen und überprüfen, welche Ideen verwirklicht worden sind. Inzwischen freute sich Kinderbund-Chef Wulf Rauer, dass sich alle einigermaßen an die Spielregeln gehalten haben.
LENA GORELIK