piwik no script img

Rechtzeitig gemerktAKWs mit defekter Bremse

Die schwedische Atomaufsichtsbehörde SSM verbietet den Betrieb von zwei Reaktoren. Grund sind Brüche an Steuerstäben.

Im AKW Forsmark müssen etwa ein Drittel aller Steuerstäbe ausgewechselt werden. Bild: dpa

STOCKHOLM taz In die höchste Sicherheitskategorie hat die schwedische Atomaufsichtsbehörde SSM einen kürzlich bei Wartungsarbeiten entdeckten Defekt an zwei Reaktoren eingestuft. "Das passiert dann, wenn wir begründete Bedenken haben, dass die Sicherheit gefährdet ist", erklärte SSM-Pressechef Anders Bredfell am Wochenende. Die beiden Reaktoren mussten vom Netz und dürfen erst nach ausdrücklicher SSM-Genehmigung wieder angefahren werden.

Bei dem Vorfall geht es um angebrochene, gerissene und im Einzelfall gänzlich gebrochene Steuerstäbe in je einem Reaktor des Eon-AKW Oskarshamn und des Vattenfall-Kraftwerks Forsmark. Diese jeweils 169 Steuerstäbe sind zentral für die Sicherheit dieser Siedewasserreaktoren: Durch ihr Einschieben zwischen die Brennelemente im Reaktorkern kann die Kettenreaktion unterbrochen und der Reaktor damit abgeschaltet werden. Vor allem für die Schnellabschaltung in einem Notfall ist es unerlässlich, dass die Steuerstäbe in einem ordnungsgemäßen Zustand sind. Brechen oder verklemmen sich diese beim Versuch, sie einzuschieben, kann es nach Einschätzung des ehemaligen Vattenfall-Konstruktionschefs Lars-Olov Höglund "im schlimmsten Fall zu einer lokalen Kernschmelze" kommen.

Die noch nicht abgeschlossene Inspektion aller Steuerstäbe hat bislang ergeben, dass im AKW Oskarshamn jeder zweite Stab beschädigt ist und ausgewechselt werden muss, im AKW Forsmark etwa ein Drittel.

Über die Ursachen sind sich offenbar weder die Reaktorbetreiber Eon und Vattenfall noch die Atomaufsichtsbehörde im Klaren. Die Möglichkeit eines begrenzten Konstruktionsfehlers wird ausgeschlossen, da die Stäbe aus verschiedenen Fabriklieferungen stammen und unterschiedlich alt sind. Normalerweise sollen diese eine Lebensdauer von zehn Jahren haben, doch jetzt als beschädigt entdeckt wurden teilweise nur drei Jahre alte Steuerstäbe. Man geht davon aus, dass womöglich besondere thermische Betriebsbedingungen zu den Schäden, die an anderen Reaktoren bislang nicht entdeckt wurden, geführt haben. Dass man nun erst auf diese Schäden aufmerksam wurde, könnte laut Lars Skånberg, SSM-Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit, auf unzureichende Kontrollen hindeuten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • J
    Jason

    @Hans: Ich denke "zweifellos" meinst du als Fehler verursachende Menschen nicht die aktuellen Kontrolleure, sondern die Kraftwerkbetreiber und vorherigen Kontrolleure, die diesen Fehler wohl übersehen hatten.

  • H
    Hans

    ....am Mensch?

    Wer hat denn den Defekt endeckt? ein Tier?

  • Z
    zweifellos

    Da haben wir es mal wieder: "Kernkraft ist sicher." Ich will nun keine Panikmache unterstützen, aber es zeigt sich, dass es auch bei modernen Reaktoren immer wieder Dinge gibt, die "übersehen" werden. Und dabei scheint es weniger an der Technik zu liegen, sondern eher am Menschen.

  • J
    jens

    .... und Lars-Olov Höglund faselt wieder über die Kernschmelze..... Langweilig...