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■ Rechte beim LandgerichtSignal zum Widerstand

Die Richter der 61. Kammer des Berliner Landgerichts wußten genau, was sie taten: Sie stellten einem Hausbesitzer das gewünschte Räumungsurteil aus, das ihm das Amtsgericht Charlottenburg mit Recht verweigert hatte. Nicht weil sich an der Rechtslage etwas geändert hätte, sondern weil sie wußten, daß Hauseigentümer Lehmann bereits seit 17 Jahren alles, aber auch wirklich alles versucht hat, um die verhaßten ausländischen Mieter loszuwerden. Selbst zum Anheuern eines Killers hatte der Arme sich in seiner Verzweiflung bereits hinreißen lassen – dem Manne mußte endlich geholfen werden! Natürlich wußten die Richter auch, daß es nicht sonderlich geschickt war, einer aufgeklärten linken Künstlerin das Schimpfwort „schwule Sau“ in den Mund zu legen. Doch indem sie Lehmanns dubiose „Zeugen vom Hörensagen“ juristisch hochpäppelten, gelang es ihnen, mit dieser Chimäre endlich doch noch das gewünschte Urteil ins Ziel zu bringen. Die Richter wußten aber noch mehr: Sie wußten, daß es in Charlottenburg nicht nur um eine ausländische Familie, sondern um die Vertreibung aller MieterInnen, um das Hochtreiben der Mieten auf Hauptstadtniveau geht. Und sie wußten, daß ihr Urteil als Signal verstanden werden muß für eine schärfere Gangart beim Umbau Berlins zum Regierungssitz. Es bleibt zu hoffen, daß dieses Signal nicht nur von den Investoren, sondern auch von denen verstanden wird, die bald selbst zu den Betroffenen gehören könnten. Dieses Urteil muß daher auch als Signal zum Widerstand verstanden werden. Gerhard Heß

Ehemaliger Pressesprecher der Berliner MieterGemeinschaft

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